Der Vorarlberger Tenor Michael Heim triumphierte zusammen mit seiner Frau Peggy Steiner beim Open Air von Arpeggione.
Walter Gasperi · 26. Jun 2025 · Film

Aktuell in den Filmclubs (27.6. – 3.7.2025)

Am Spielboden Dornbirn ruft diese Woche Raoul Pecks Dokumentarfilm „Ernest Cole – Lost and Found“ den bedeutenden südafrikanischen Fotografen in Erinnerung, der den Schrecken der Apartheid dokumentierte. Im Heerbrugger Kinotheater Madlen steht dagegen Laetitia Doschs einfallsreiches, aber auch unausgewogenes Regiedebüt „Le procés du chien“ auf dem Programm, in dem eine junge Anwältin die Verteidigung eines Hundes übernimmt, der eingeschläfert werden soll.

Ernest Cole – Lost and Found: Ausgangspunkt für Raoul Pecks Dokumentarfilm, der beim Filmfestival von Cannes 2024 mit dem Oeil d'or als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde, waren 60.000 Negative des südafrikanischen Fotografen Ernest Cole (1940–1990), die über Jahrzehnte unbeachtet in einem Safe einer schwedischen Bank lagen, bis sie 2017 wiederentdeckt wurden. In diesen, in den 1970er Jahren entstandenen Fotos dokumentiert Cole vor allem afroamerikanischen Alltag und Rassendiskriminierung in den USA.
Berühmt war der 1940 in der Nähe der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria geborene Fotograf aber davor geworden. Als 19-Jähriger begann er unter dem Eindruck von Henri Cartier-Bressons Fotobuch „The People of Moscow“ heimlich die alltägliche Rassendiskriminierung in Südafrika mit weißen Herren und schwarzen Dienern, Zwangsumsiedlungen und Trennung im öffentlichen Leben zu dokumentieren. Da in Südafrika aber eine Veröffentlichung dieser Fotos undenkbar war, floh Cole 1966 in die USA.
Peck selbst hält sich in seinem dichten Dokumentarfilm zurück. Er setzt ganz auf die weitgehend schwarzweißen, ausdrucksstarken Fotos und einen vom Schauspieler Lakeith Stanfield aus der Perspektive Coles gesprochenen Kommentar. In Ich-Perspektive wird so durch die aus Coles Briefen, Unterhaltungen und Interviews, aber auch aus Aussagen von Bekannten und Freunden kompilierten Ausführungen ein dichter und sehr persönlicher Einblick in Leben und Kunst des Südafrikaners, der in den 1970er Jahren in Vergessenheit geriet, vermittelt.
Gleichzeitig zeichnet der Film aber auch ein bewegendes Bild vom bitteren Leben im Exil in den USA und zeitweise in Schweden. Dieses erfüllte Cole nämlich zunehmend mit Heimweh, stürzte ihn in Depressionen und ließ ihn den Boden unter den Füßen verlieren und obdachlos werden, ehe er 1990 kurz vor dem Ende der Apartheid im Alter von nur 49 Jahren an Krebs starb.
Spielboden Dornbirn: Fr 27.6., 19.30 Uhr

Le procès du chien - Hundschuldig: Eine erfolglose junge Anwältin übernimmt die Verteidigung eines Hundes, der eingeschläfert werden soll, nachdem er drei Frauen gebissen hat.
Geht es in Laetitia Doschs Regiedebüt zunächst ums Tierrecht, wenn die Anwältin vor Gericht beweist, dass ein Hund keine Sache, sondern ein Individuum ist, so kommen mit der Übertragung des Verfahrens an die nächsthöhere Instanz weitere Fragen ins Spiel. So diskutiert eine aus Philosophen und Vertretern unterschiedlicher Religionen gebildete Ethikkommission die Frage, ob ein Hund eine Seele hat, während mittels eines Tests die rationale Handlungsfähigkeit des Vierbeiners geprüft werden soll. Aber auch ein Verhaltensforscher wird befragt, der das Beissverhalten des Angeklagten untersucht und angesichts der Angriffe auf Frauen wird auch Misogynie und die Unterdrückung der Frau im Allgemeinen thematisiert.
An Originalität mangelt es „Le procès du chien – Hundschuldig“ sicher nicht, aber in der Fülle der angeschnittenen Themen ist dieser Film auch maßlos überladen. So herrlich absurd und verstiegen viele Ideen auch sind, wirklich laut lachen kann man kaum einmal. Vieles wird angetippt, aber nichts vertieft und zu sprunghaft wechselt Dosch zwischen ernsthafter Auseinandersetzung mit der Thematik und Klamauk, zwischen Gerichtsfilm und Kommentar zu heutigen gesellschaftlichen Realitäten.
Keine durchgängige Linie findet dieses Regiedebüt so und fügt sich zu keinem geschlossenen Ganzen, sondern wirkt vielmehr wie eine an Einfallsreichtum übersprühende Nummernrevue. So regt diese Satire zwar zum Nachdenken an, lässt die Zuschauer:innen mit seinen ständigen Ton- und Rhythmuswechseln aber nie wirklich in die Handlung eintauchen, sodass auch die kompakten 83 Minuten trotz der inhaltlichen Dichte, rasanter Dialoge und engagierter Schauspieler:innen eine teils mühsame und auch ermüdende Angelegenheit werden.
Kinotheater Madlen, Heerbrugg: Mo 30.6., 20.15 Uhr

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