"Die Sterne" im Spielboden Dornbirn: Frontmann Frank Spilker und Philipp Janzen an den Drums (Foto: Stefan Hauer)
Walter Gasperi · 21. Sep 2023 · Film

Aktuell in den Filmclubs (22.9. – 28.9. 2023)

Einen echten Klassiker und das Remake eines Klassikers gibt es diese Woche in den Filmclubs zu sehen: Im Skino Schaan wird in der Reihe „The Ones We Love“ Stanley Kubricks legendärer Science-Fiction-Film „2001: A Space Odyssey“ gezeigt und bei der LeinwandLounge in der Remise Bludenz steht mit dem britischen Spielfilm „Living – Einmal wirklich leben“ ein meisterhaftes Remake von Akira Kurosawas „Ikiru – Einmal wirklich leben“ auf dem Programm.

Living – Einmal wirklich leben: 1952 gelang Akira Kurosawa mit „Ikiru – Einmal wirklich leben“ ein humanistisches Meisterwerk. Zutiefst bewegend ist die Geschichte eines todkranken Beamten, der seinem Leben noch einen Sinn geben möchte. Ein Remake dieses Klassikers war ein Herzensprojekt des japanischstämmigen britischen Literatur-Nobelpreisträgers Kazuo Ishiguro. Jahrelang trug er das Drehbuch mit sich herum, bis er im Südafrikaner Oliver Hermanus schließlich einen passenden Regisseur fand.
Hermanus und Ishiguro verlegten die Handlung zwar von Japan ins England der 1950er Jahre, verzichteten aber auf Modernisierungen. Grobkörnige Bilder und verwaschene Farben vom Londoner Verkehrstrubel versetzen ebenso in diese Zeit wie das klassische 4:3 Format. Gleichzeitig sperrt das enge Bild auch die Protagonist:innen förmlich in ihrem Leben ein. In Kontrast zu den roten Doppeldeckern der ersten Bilder stehen die dunklen Anzüge und die Steifheit der Beamten, die morgens mit dem Zug in die Metropole fahren. Geschickt wird der Auftritt von Mr. Williams (Bill Nighby), der die Bauabteilung in der London County Hall leitet, hinausgezögert, indem er erst bei der nächsten Station einsteigt. Er übertrifft an Steifheit noch seine Mitarbeiter, agiert wie ein lebender Toter. Auch im Büro herrscht diese Beziehungslosigkeit: Kaum einer redet mit dem anderen, jeder verkriecht sich hinter seinen Akten, die im Grunde doch nicht bearbeitet, sondern nur herumgeschoben werden.
Doch dann erhält Mr. Williams vom Arzt die Diagnose, dass er nur noch wenige Monate zu leben habe. Denkt er zunächst an Selbstmord, stürzt er sich bald in Vergnügen, findet aber erst ein spätes Glück und Sinn, als er sich leidenschaftlich für ein soziales Projekt zu engagieren beginnt.
Dominiert wird dieses wehmütige Drama, das der erstarrten Gesellschaft Menschlichkeit und Lebensfreude gegenüberstellt, von einem überragenden Bill Nighby in der Hauptrolle. In jeder Szene lässt er unter der stoischen Oberfläche die innere Erschütterung und Trauer von Mr. Williams spüren und bewegend macht er mit seiner sanften Stimme und seinem Blick dessen Trauer über die innere Erstarrung und dessen Sehnsucht spürbar, dem monotonen Leben noch einen Sinn zu geben. Zu Tränen rühren kann da nicht nur, wenn er das alte schottische Lied „The Rowan Tree – Die Eberesche“ anstimmt.
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 27.9., 19 Uhr

2001: A Space Odyssey: In der Reihe „The Ones We Love“ zeigt das Skino in Schaan jeden letzten Donnerstagabend im Monat einen Film, der von den Zuschauer:innen selbst gewählt wurde. Mit Stanley Kubricks „2001: A Space Odyssee“ steht im September eines der großen Meisterwerke der Filmgeschichte auf dem Programm. Regelmäßig mag dieser Science-Fiction-Film zwar im Fernsehen laufen, doch seine Wirkung kann er nur auf der großen Kinoleinwand entfalten. Dabei wurde „2001“ bei seiner Premiere am 2. April 1968 so schlecht aufgenommen, dass Kubrick sich zu einer Kürzung des Films von 162 auf 141 Minuten entschloss, womit er eine Entliterarisierung anstrebte. Dennoch fielen die ersten Kritiken von US-Star-Kritiker:innen wie Pauline Kael oder Andrew Sarris, die von „SF-Idioten-Fantasie“ und „vorgeblich bedeutsamer Unsinn und pubertärer SF-Pessimismus“ sprachen, ausgesprochen negativ aus.
Gleichwohl avancierte „2001“ bei einem jüngeren Publikum rasch zum Kultfilm und gilt heute als eines der meistbesprochenen und zitierten Werke der Filmgeschichte. Immer noch überwältigt die Bildkraft dieser Reise vom Ursprung der Menschheit bis in ein – irgendwo im Weltraum gelegenes – Louis-seize-Zimmer. Immer noch gilt die Verbindung von Schnitt und Überblendung von einem in die Höhe geworfenen Tierknochen auf ein Raumschiff als einer der kühnsten und berühmtesten Schnitte der Filmgeschichte und Richard Strauß‘ „Also sprach Zarathustra“ wurde erst durch „2001“ zum Hit. Zur technischen, visuellen und musikalischen Brillanz kommt der inhaltliche Reichtum, der zur Reflexion über menschliche Entwicklung ebenso wie über das Verhältnis von Mensch und Maschine sowie über Gott anregen kann: Auch 55 Jahre nach seiner Uraufführung bietet „2001“ so immer noch ein Filmerlebnis von Seltenheitswert.
Skino Schaan: Do 28.9., 20.15 Uhr

 

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