Die Camerata Musica Reno unter Tobias Grabher luden gemeinsam mit Michael Köhlmeier zum gemeinsamen Konzert ins Theater Kosmos. (Foto: Lukas Grabher)
Walter Gasperi · 20. Mär 2025 · Film

Aktuell in den Filmclubs (21.3. – 27.3.2025)

Am Spielboden Dornbirn steht diese Woche unter anderem „Beau Is Afraid“ auf dem Programm, in dem Ari Aster Joaquin Phoenix auf eine fast dreistündige kafkaeske Odyssee schickt. In der Harder Kulturwerkstatt Kammgarn wird dagegen im Rahmen der Reihe „frau.macht.film“ unter anderem Sabine Derflingers eindrücklicher Dokumentarfilm „Die Dohnal“ gezeigt.

au Is Afraid: Wenn zum Schwarzfilm langsam der Ton kommt, stellt sich im Kopf der Zuschauer:innen das Bild der Geburt eines Kindes aus der Perspektive des Neugeborenen ein, doch die aufblitzenden roten Lichtpunkte lassen eher an Mündungsfeuer von Gewehren denken. Im Kern verhandelt diese Auftaktszene so schon die zwischen Liebe und Hass pendelnde Mutter-Sohn-Beziehung zwischen dem Endvierziger Beau (Joaquin Phoenix) und seiner Mutter Mona (Patti LuPone).
Anlässlich der Wiederkehr des Todestags des Vaters, der schon vor Beaus Geburt gestorben ist, möchte er seine Mutter besuchen, doch schon das Verlassen der Wohnung ist schwierig, denn vor dem desolaten Wohnblock tummeln sich zahlreiche schräge und auch aggressive Typen.
Intensiv beschwören Asters Stamm-Kameramann Pawel Pogorzelski und ein starkes Sound-Design die Atmosphäre dieser aus den Fugen geratenen, von bürgerkriegsähnlichen Zuständen bestimmten Welt. Offen bleibt dabei freilich, was hier real und was Einbildung des von schweren Ängsten geplagten Beau ist, der nur mit Medikamenten halbwegs über die Runden kommt.
Zu einem geschlossenen Ganzen fügt sich „Beau Is Afraid“ nie und will dies wohl auch nicht. So zerrissen wie die Welt wirkt dieser Film, provoziert Widerspruch mit seiner ausufernden Erzählweise und seiner Überlänge, fasziniert aber auch mit seiner Bildmacht und seinem Einfallsreichtum.
Getragen aber wird dieser Psycho-Trip, den man nicht so schnell aus dem Kopf bekommen wird, von einem Joaquin Phoenix, der sich als Beau wieder einmal die Seele aus dem Leib spielt. Man glaubt dem Oscar-Preisträger seine Mutterbindung ebenso wie seine Ängste, nimmt direkt teil an seiner Verstörung und seiner Ohnmacht, in denen Aster wohl über das Individuelle hinaus ein Bild des zutiefst erschütterten und verunsicherten US-amerikanischen Mannes im Allgemeinen zeichnen will.
Spielboden Dornbirn: Sa 22.3., 19.30 Uhr

Die Dohnal: „Die Dohnal“ – schon der Titel ist Programm, hebt die Protagonistin auf einen Sockel, verleiht ihr gleichzeitig Profil, macht sie zu einer Frau, die für etwas steht, klare Positionen vertritt und auch entschlossen agiert. Sie ist jemand, den man lieben oder ablehnen kann, nur neutral bleiben kann man nicht gegenüber dieser österreichischen Frauenrechtlerin, die von 1979 bis 1990 Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen und von 1990 bis 1995 erste Bundesministerin für Frauenangelegenheiten war.
Kein klassischer Porträtfilm ist das aber, denn Sabine Derflinger zeichnet nicht das Leben von Johanna Dohnal (1939–2010) nach. Nur beiläufig erfährt man, dass sie als lediges Kind aufwuchs, nichts erfährt man über ihre politische Sozialisation, über ihren beruflichen Werdegang, über ihre erste Ehe und Scheidung oder über ihr Leben nach dem Ausscheiden aus der Regierung.
Der Fokus liegt ganz auf der Zeit ihrer Regierungsbeteiligung und ihrem Einsatz für die Rechte der Frauen. Untrennbar ist ihre Person mit diesem Engagement verbunden. Vom Ausscheiden aus der Regierung blickt Derflinger auf ihre Leistungen zurück, ist dabei aber nicht an einer Chronologie interessiert, sondern fokussiert auf Inhalten. 
Die Kunst dieses Films besteht in der Perfektion, mit der das punktgenau ausgewählte Archivmaterial mit der Fülle an Interviews verknüpft wird. Präzise und plastisch wird damit Einblick in den Kampf und die zentralen Erfolge Dohnals geboten. Immer wieder geht es dabei um die Befreiung der Frau aus der ökonomischen Abhängigkeit vom Mann, um ihre finanzielle Absicherung, die Grundlage ist, um sich aus der Macht des Mannes zu befreien.
Kammgarn Hard: Fr 21.3., 20 Uhr

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