Aktuell in den Filmclubs (20.9. – 26.9.2024)
Zwei Filme. in denen es - zumindest den Titeln nach - um Abschiede geht: Beim Filmforum Bregenz steht diese Woche mit "Goodbye Julia" ein starkes Drama aus dem Sudan auf dem Programm. Das Kunstmuseum Vaduz zeigt dagegen mit Robert Altmans "The Long Goodbye" einen Klassiker des New Hollywood.
Goodbye Julia: Mohammed Kordofani erzählt vor dem Hintergrund der Abspaltung des Südsudans vom arabisch geprägten Norden des Landes im Jahr 2011 vom Schicksal zweier unterschiedlicher Frauen. Auf der einen Seite steht die der nordsudanesischen Oberschicht angehörigen Mona, die mit ihrem Mann in einer geräumigen Villa wohnt, auf der anderen Seite die Südsudanesin Julia, die mit Mann und Sohn in einer Mietwohnung lebt, aus der sie mit Bekanntwerden des Abkommens über die Teilung des Landes vom nordsudanesischen Eigentümer vertrieben wird. Unterschlupf findet die Familie vorübergehend bei Verwandten in einer Zeltsiedlung, bis ein tödlicher Unfall von Julias Mann die beiden Frauen zusammenführt.
Nach zupackendem und mit Thrillerelementen durchsetztem Beginn entwickelt sich „Goodbye Julia“ so zu einem Melodram, das vielschichtig die Lage und den Charakter der beiden Frauen ausleuchtet und dabei nicht nur ethnisch-religiöse Spannungen und Rassismus, sondern auch die gesellschaftliche Kluft aufdeckt.
Hochprofessionell und mit großer Sicherheit ist dieses im engen 4:3-Format gedrehte Debüt inszeniert, besticht durch sein komplexes Drehbuch, starke Schauspieler:innnen und eine elegante Bildsprache. Gewürdigt wurde dies auch mit der Auszeichnung mit dem Prix de la Liberty in der Sektion „Un Certain Regard“ des Filmfestivals von Cannes und mit der Nominierung zum sudanesischen Beitrag für den Oscar als bester nicht englischsprachiger Film.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 25.9., 20 Uhr
The Long Goodbye: Robert Altman bürstet mit seiner 1973 entstandenen Raymond Chandler-Adaption den Detektivfilm gegen den Strich. Sein von Elliott Gould gespielter Philipp Marlowe ist kein aktiv ermittelnder Detektiv, der nicht nur einstecken muss, sondern durchaus auch austeilen kann, sondern scheint ziemlich verloren zwischen Polizei, Gangstern und einem reichen Schriftsteller-Ehepaar.
Statt auf Action setzt Altman auf Evokation einer Atmosphäre. Melancholie verbreitet hier nicht nur der immer wieder gespielte Titelsong „The Long Goodbye“, sondern auch die undramatische Erzählweise. Immer in leichter Bewegung ist zwar die Kamera von Vilmos Zsigmond, gleitet durch die Räume und weitet oder engt mit Zooms den Blick ein, doch Hektik kommt hier nie auf, sondern vielmehr steigert diese visuelle Eleganz die Melancholie des Films. – Genrekonventionen unterwandert Altman so, macht sich mehr oder weniger verdeckt über die klassischen Plots lustig und lenkt den Blick auf die Charaktere und ihr Verhalten.
Auf Schritt und Tritt folgt der Film dem ständig Zigarette rauchenden Privatdetektiv, der nicht einmal ein Büro hat, sondern seine Aufträge in einer Bar entgegennimmt. Doch mehr als um die Erledigung dieser Aufträge geht es Marlowe darum, die Unschuld seines Freundes zu beweisen. Während er aber noch an Freundschaft glaubt, zeigen sich alle um ihn herum korrupt. So zeichnet „The Long Goodbye“ im Kern das pessimistische Bild der US-Westküstengesellschaft der 1970er Jahre, in der es keine moralischen Werte mehr gibt und jeder nur an seinen Vorteil, vor allem an Geld, denkt.
Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz: Do 26.9., 18 Uhr
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