Neu in den Kinos: „The Substance“ (Foto: Mubi)
Walter Gasperi · 01. Jun 2023 · Film

Aktuell in den Filmclubs (2.6. – 8.6. 2023)

Während der bolivianische Spielfilm „Utama - Ein Leben in Würde“ in grandiosen Bildern eindrücklich von den Auswirkungen des Klimawandels auf ein indigenes altes Ehepaar im Andenhochland erzählt (diese Woche im TaSKino Feldkirch und im Juli im FKC Dornbirn), dokumentiert Nikolaus Geyrhalter in „Matter Out of Place“ in mächtigen Tableaus den Umgang mit Müll in unterschiedlichsten Regionen der Welt (diese Woche im Filmforum Bregenz, Ende Juni im TaSKino Feldkirch, im Juli im FKC Dornbirn).

Utama – Ein Leben in Würde: Alejandro Loayza Grisi schildert in seinem Spielfilmdebüt eindringlich, wie sehr sich der Klimawandel auch auf indigene Kulturen in entlegenen Regionen auswirkt. Zunehmend schwieriger wird nämlich aufgrund der anhaltenden Trockenheit das Leben eines alten Paares im bolivianischen Altiplano. Lange Risse durchziehen die ausgedörrte Erde, der Brunnen der Hütte ist ebenso versiegt wie der im Dorf. Wie die Risse in der Erde macht auch das Quietschen der Pumpe des Brunnens die Trockenheit fast physisch spürbar.
Um Wasser zu holen, muss so die Frau (Luisa Quispe) bis zum Fluss, der nur noch ein größeres Rinnsal ist, gehen. Der Mann (José Calcina) wiederum muss immer weiter ziehen, um im kargen Hochland Weideflächen für die Lamas zu finden. Bewegung kommt in dieses Leben, als der etwa 17-jährige Enkel (Santos Choque) auftaucht. Mit ihm bricht quasi die Moderne in diese archaische Welt ein, in der es keine Elektrizität, keine Autos und keine Smartphones gibt.
Auf Zuspitzung und Dramatisierung verzichtet Grisi in seinem beim Sundance Film Festival 2022 mit dem großen Preis der Jury ausgezeichneten Spielfilm. Er erzählt lakonisch und einfach, aber durch den ebenso genauen wie geduldigen Blick auf diese Lebenswelt, die Authentizität seiner beiden Laiendarsteller:innen, die auch im realen Leben ein Paar sind, und die grandiosen Landschaftstotalen der uruguayisch-argentinischen Kamerafrau Bárbara Álvarez entwickelt „Utama“ eine Kraft und eine Intensität, deren man sich nicht entziehen kann.
TaSKino im Kino GUK Feldkirch: Mi 7.6. bis Fr 9.6.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 26.7., 18 Uhr + Do 27.7., 19.30 Uhr

Matter Out of Place: Von der ersten Einstellung an ist die Handschrift Nikolaus Geyrhalters („Unser täglich Brot“, „Erde“) bei diesem Dokumentarfilm unverkennbar. In majestätischer Totale blickt die Kamera auf einen Stausee zwischen hohen, leicht verschneiten Bergen. Unberührt scheint diese Welt, doch mit einem Schnitt und dem Sprung zum Ufer des Sees wird die Verschmutzung, vor allem durch Plastikmüll, sichtbar.
Immer wieder arbeitet Geyrhalter mit dieser Methode. Da präsentiert er beispielsweise eine grüne Wiese in der Gegend des schweizerischen Solothurns, in der ein Bagger den zwischen den 1950er und 1970er Jahren deponierten Abfall zu Tage fördert. Paradiesisch wirkt ein Küstenstreifen der Malediven mit türkisem Meer und Hotelhüttchen, doch wieder offenbart ein Perspektivenwechsel die Umweltverschmutzung am Strand. 
Von den Bergen bis zu den Tiefen des Meeres und von der Schweiz bis nach Asien spannt Geyrhalter den Bogen, bietet Einblick in den unterschiedlichen Umgang mit Müll von der hochentwickelten Mülltrennungs- und Müllverwertungsanlage in Österreich bis zu den offenen Deponien in Ländern des Südens.
Auf jeden Kommentar und jede musikalische Untermalung verzichtet der österreichische Dokumentarfilmer dabei wie gewohnt. Auch Menschen kommen nur in der Szene bei Solothurn zu Wort. Ganz auf die Macht seiner genau kadrierten und mächtigen Tableaus vertraut Geyrhalter und diese sind wie gewohnt grandios und bleiben haften, auch wenn „Matter Out of Place“ insgesamt kaum neue Einblicke in die Thematik vermittelt. 
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 8.6., 20 Uhr
TaSKino Feldkirch im Kino GUK Feldkirch: Mi 28.6. bis Fr 30.6.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 12.7., 18 Uhr + Do 13.7., 19.30 Uhr

 

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