„Aus seinem Leben“ derzeit am Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Walter Gasperi · 12. Sep 2024 · Film

Aktuell in den Filmclubs (13.9. – 19.9.2024)

Beim TaSKino Feldkirch brilliert diese Woche Mads Mikkelsen im dänischen „Western“ „King's Land – Bastarden“. Bei der LeinwandLounge in der Remise Bludenz und bei Kinothek Extra in Lustenau steht dagegen mit dem italienischen Publikumserfolg „C'è ancora domani – Morgen ist auch noch ein Tag“ ein mitreißender Spielfilm über patriarchale Macht und weibliche Selbstermächtigung auf dem Programm.

King‘s Land – Bastarden: Im 18. Jahrhundert will der verarmte dänische Hauptmann Ludvig Kahlen (Mads Mikkelsen) für den König die jütländische Heide kultivieren, findet dabei aber in einem Gutsherrn einen erbitterten Gegner.
Nikolaj Arcel erzählt einerseits in großartigen, in Erdfarben getauchten Bildern und sorgfältiger Ausstattung, die atmosphärisch dicht diese Welt des 18. Jahrhunderts evoziert, eine historische Geschichte, die an die Eroberung des amerikanischen Westens erinnert. Wie dort sind es auch hier Außenseiter und Randständige, die die Zivilisierung des Lands ermöglichen, und an die Stelle der Konfrontation mit den Indigenen tritt hier die Feindschaft mit dem alteingesessenen Adel. Und wie im amerikanischen Western die Farm rückt hier die Kamera von Rasmus Videbæk in großartigen Totalen das isoliert in der weiten Heide stehende Bauernhaus Kahlens ins Bild.
Gleichzeitig ist das aber eben auch eine von einem großartigen Mads Mikkelsen getragene Geschichte eines Mannes, der bereit ist, für sein großes Ziel alles zu opfern, nur um schließlich zu erkennen, dass für das private Glück andere Faktoren entscheidend sind. Während diese Figur beeindruckend ambivalent und obsessiv in seinem Traum von der Kultivierung des Landes ist, wird der feindliche Gutsherr ziemlich eindimensional als sadistische und degenerierte Gegenfigur gezeichnet.
Das Kino revolutioniert Arcel, der schon mit „Der Königin und der Leibarzt“ (2012) mit Mikkelsen einen im 18. Jahrhundert spielenden Historienfilm gedreht hat, mit „King‘s Land" sicher nicht, aber er versteht es souverän, das geradlinige Drehbuch, für das er selbst und Anders Thomas Jensen verantwortlich zeichnen, so bildmächtig und stringent umzusetzen, dass über zwei Stunden packende Unterhaltung geboten wird.
TaSKino Feldkirch im Kino GUK: Do 12.9. 18 Uhr; Fr 13.9. tba; Sa 14.9., tba
Kinothek extra in der Kinothek Lustenau: Mo 30.9., 18 Uhr + Mi 9.10., 20 Uhr
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 6.11., 19 Uhr

Morgen ist auch noch ein Tag – C'è ancora domani: Neue Zeiten brechen in Italien nach der Befreiung vom Faschismus im Jahr 1945 an, doch für die Frauen scheint sich nichts geändert zu haben. Ungebrochen ist die Herrschaft der Männer und Delia (Paola Cortellesi) wird nicht nur regelmäßig von ihrem Mann geschlagen und gedemütigt, sondern muss auch dessen tyrannischen Vater ertragen.
Dicht evoziert Paola Cortellesi in ihrem Regiedebüt, das sich in Italien zum Kassenschlager entwickelte, in bestechenden Schwarz-Weiß-Bildern (Kamera: Davide Leone) die Atmosphäre der unmittelbaren Nachkriegszeit. Auch mit dem klassischen 4:3-Format knüpft sie dabei zunächst an die Filme dieser Zeit an, um dann das Bild auf Breitwand zu weiten. Ganz am so genannten „Neorealismo rosa“ und der Commedia all’italiana der 1950er und frühen 1960er Jahre orientiert sie sich dabei, wenn sie im Gewand einer leichten Komödie vom Alltag der einfachen Leute erzählt.
Gleichzeitig wirkt „C´è ancora domani“ mit seinem erzählerischen Einfallsreichtum und seinen überraschenden Wendungen aber auch nie verstaubt, sondern bietet mitreißendes modernes Kino. Der feministische Impetus ist unübersehbar, wirkt aber nie prätentiös, sondern souverän verbindet die Italienerin großes Unterhaltungskino mit Engagement. Mag dabei die Geschichte auch in der Vergangenheit angesiedelt sein, so ist der Film mit dem Thema häusliche Gewalt und dem entschiedenen Plädoyer für ein Aufbegehren gegen die Männerherrschaft und den Kampf für Unabhängigkeit und Gleichberechtigung doch leider immer noch auf der Höhe der Zeit.
Kinothek extra in der Kinothek Lustenau: Mi 18.9., 20 Uhr + Mo 23.9., 18 Uhr
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 18.9., 19 Uhr

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