Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 11. Mai 2023 · Film

Aktuell in den Filmclubs (12.5. – 18.5. 2023)

Die LeinwandLounge in der Remise Bludenz zeigt diese Woche mit „Ennio Morricone – Der Maestro“ Giuseppe Tornatores mitreißende Hommage an den König der Filmmusik. Ebenso leichthändig wie temporeich von der Situation osteuropäischer Pfleger:innen und von Demenz erzählt dagegen die deutsche Tragikomödie „Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen“.

Ennio Morricone – Der Maestro: Unvergessen sind zahlreiche Soundtracks von Ennio Morricone: Hat man das von Kojoten inspirierte Geheul in „Zwei glorreiche Halunken“, das Mundharmonika-Spiel in „Spiel mir das Lied vom Tod“, die Panflöten-Melodie in „Es war einmal in Amerika“ oder das Stück „Gabriel´s Oboe“ in „The Mission“ einmal gehört, bleiben diese Klänge haften. Doch diese klassischen Filmmusiken sind nur die Spitze eines Eisbergs von über 500 Soundtracks.
Giuseppe Tornatore, der selbst mit Ennio Morricone bei allen seinen Filmen von seinem Meisterwerk „Cinema Paradiso“ (1989) bis zu „La correspondenza“ (2016) zusammenarbeitete, zeichnet in seinem Dokumentarfilm umfassend Leben und filmmusikalisches Schaffen des am 10. November 1928 in Rom geborenen Italieners nach. Von seinen über 100 klassischen Werken wird aber nur die Kantate, die er zum Gedenken an die Terroranschläge vom 11. September 2001 schrieb, näher behandelt.
Rückgrat des Films sind lange Interviews Tornatores mit dem großen Komponisten. Mitreißend und hellwach erzählt der schon fast 90-Jährige von seiner Kindheit über seine musikalische Ausbildung bis zu seiner Karriere als Filmkomponist. Enorme Recherchearbeit erforderte zweifellos das umfangreiche Archivmaterial, das Tornatore souverän einbaute. Neben den zahllosen Filmausschnitten gibt es hier unscharfe TV-Ausschnitte aus den 1950er Jahren ebenso wie ältere Interviews mit inzwischen verstorbenen Regisseuren wie Sergio Leone, Bernardo Bertolucci, Elio Petri oder Gillo Pontecorvo.
Wenig ergiebig mögen teilweise die kurzen Statements von Filmmusikkomponisten wie John Williams und Hans Zimmer und von Musikern wie Bruce Springsteen oder Quincy Jones sein, doch dies kann die mitreißende Kraft dieser großen Hommage, die nicht nur Lust auf die immer nur kurz angerissene Musik, sondern vielfach auch auf die Filme macht, kaum beeinträchtigen.
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 17.5., 19 Uhr


Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen: Eine junge Pflegerin (Emilia Schüle) kommt aus der Ukraine nach Deutschland, um sich um einen dementen Mann (Günther Maria Halmer) zu kümmern, wird aber bald in die familiären Spannungen hineingezogen.
Nadine Heinze und Marc Dietschreit inszenieren diesen schweren Stoff nicht als bedrückendes Drama, sondern als schwungvolle Tragikomödie, die von den beiden lustvoll aufspielenden und bestens harmonierenden Hauptdarsteller:innen getragen wird.
Differenziert loten Heinze und Dietschreit die Situation von Pfleger:innen aus, zeigen dass nicht ihre Patient:innen, sondern – ähnlich wie in Bettina Oberlis „Wanda, mein Wunder“ – die Angehörigen mit ihrem Misstrauen, ihrer Kontrollsucht, aber auch mit ihren eigenen Ansprüchen ein Problem darstellen. Bissig ist der Blick des Regieduos auf diese Familienmitglieder, während sie einfühlsam die materielle Not vermitteln, die die ehemalige Germanistikstudentin zwang, ihren fünfjährigen Sohn bei der Großmutter in der Ukraine zurückzulassen und diese Arbeit in Deutschland anzunehmen.
Etwas schematisch wechselt der Film zwar zwischen glücklichen Momenten der Pflegerin und herben Rückschlägen, schlägt am Ende auch noch einen Haken in Richtung Slapstick, doch insgesamt treffen Heinze / Dietschreit den richtigen Ton, wechseln leichthändig zwischen berührenden und humorvollen Momenten und versprühen trotz des ernsten Themas nicht zuletzt dank der warmen Herbstfarben, in die diese Tragikomödie getaucht ist, und der von Emilia Schüle ebenso unaufdringlich wie sympathisch gespielten Marija Lebensfreude und Optimismus. 
Altes Kino, Rankweil: Mo 15.5., 15 Uhr

 

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