L-E-V Dance Company mit „Into the Hairy“ beim Bregenzer Frühling (Foto: Katerina Jezz/L-E-V Dance/Bregenzer Frühling)
Michael Löbl · 20. Nov 2023 · Musik

24 Stunden „Ritual Groove Music“

Ein Marathonkonzert von Samstag 16 Uhr bis Sonntag 16 Uhr im Rahmen der Montforter Zwischentöne mit dem Schweizer Pianisten Nik Bärtsch und seinem Trio „Mobile“.

Bei der Suche nach neuen Konzertformaten kann man an mehreren Schrauben drehen. Programm, Präsentation, Kombination, Location – aber auch die Uhrzeit einer Veranstaltung kann eine solche Schraube sein. Die stets ausverkauften Morgenkonzerte der Montforter Zwischentöne um sieben Uhr früh sind ein Beispiel dafür.

Nun luden die Zwischentöne-Masterminds Hans-Joachim Gögl und Folkert Uhde ihr Publikum zu einem außergewöhnlichen 24-Stunden-Event ins Montforthaus Feldkirch ein. Durchgehend von Samstag 16 Uhr bis Sonntag 16 Uhr konnte man das Schweizer Ensemble „Mobile“ mit Nik Bärtsch (Klavier), Sha (Bassklarinette und Altsaxophon) und Nicolas Stocker (Percussion) erleben. Seit 1998 kreiert die Gruppe Konzert-Konzepte von bis zu 36 Stunden Dauer auf der ganzen Welt. Nun kam diese Marathon-Performance erstmals nach Österreich.

Ritual, Spiritualität und Groove

Seit vielen Jahren spielt Nik Bärtsch jeden Montag live im Züricher Club „Exil“, dessen Mitbegründer und -besitzer er ist. Er beschreibt seine Musik als „Minimal Music mit Groove, verteilt auf lange Dramaturgien, in denen man auch mal das Zeitgefühl verliert.“ Ein zentraler Punkt in seinem Stil ist eine rituelle, spirituelle Note, es soll ein meditatives Gemeinschaftserlebnis entstehen, das über ein normales Konzert von 90 Minuten Dauer hinausgeht.
Lokalaugenschein nach einer durchgespielten Nacht zu einer unchristlichen Zeit, nämlich Sonntag um acht Uhr früh im Montforthaus: Zwölf hartgesottene Fans verteilen sich im Saal auf den zahlreichen gemütlichen Sofas und Ohrensesseln. Einige davon haben tatsächlich durchgehalten und die vergangenen 16 Stunden ununterbrochen mit Nik Bärtsch und seinem Ensemble verbracht. Die große Bewunderung verdienen aber die Musiker, die diesen Marathon scheinbar mühelos bewältigen. Abwechselnd entfernt sich zwar der eine oder andere von der Bühne, musikalische Pausen gibt es aber keine.

Meditativer Zustand

Tatsächlich wird man durch diese musikalische Mischung aus Funk, neuer Klassik und ritueller japanischer Musik recht bald in einen meditativen Zustand versetzt. Nik Bärtsch arbeitet mit Modulen, Patterns, deren Grundrhythmus fast unverändert bleibt, die aber durch kleine und stetige Veränderungen einen ganz besonderen Sog entwickeln. Als Zuhörer muss man sich auf diese Musik einlassen, sie hat nichts zu tun mit Melodien oder Themen im landläufigen Sinn und noch weniger mit traditioneller musikalischer Entwicklung. Ähnlich wie in Maurice Ravels „Bolero“ erzielt Nik Bärtsch seine Wirkung aus der klanglichen Steigerung eines ansonsten fast statischen musikalischen Materials.
Manchmal übertreiben es die drei Musiker allerdings. Wenn der hervorragende Schlagzeuger Nicolas Stocker fünf Minuten lang einen einzigen Ton in stets demselben Zweierrhythmus in den Raum stellt, ist das dann fast schon zu viel an ritueller Stimmung. Auch sonst gibt es in manchen Modulen so wenig Veränderung, es bräuchte vermutlich zunächst eine Ausbildung zum Zen-Mönch, um da nicht ein wenig ungeduldig zu werden. Summa summarum aber vergingen drei Stunden am Sonntagvormittag wie im Fluge und es wäre durchaus interessant gewesen, auch noch die restlichen fünf im Montforthaus zu verbringen.

www.montforterzwischentoene.at