Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 30. Okt 2016 · Musik

Orchesterkonzert mit kammermusikalischem Geist – Der Pianist Kit Armstrong und die Camerata Salzburg zogen das Publikum in ihren Bann

Einen starken Auftakt setzten die „Camerata Salzburg“ und der Pianist Kit Armstrong bei den Abonnementkonzerten im Dornbirner Kulturhaus. Die Musikerinnen und Musiker spielten mit großer Selbstverantwortung, angeleitet vom ausdrucksstark agierenden Konzertmeister Gregory Ahss. Vor allem die Interpretation von Benjamin Brittens selten zu hörenden Variationen op. 10 bot viele Anreize beim Hören. Im Mittelpunkt stand der großartige Pianist Kit Armstrong. Er spielte Mozarts Klavierkonzert KV 469 mit Brillanz und zugleich feinsinniger Poesie.

Benjamin Britten komponierte die „Variationen über ein Thema von Frank Bridge“, op. 10 in Verehrung für seinen ersten Lehrer Frank Bridge, bei dem er sein kompositorisches Handwerk gelernt hatte. Liebenswürdig und mit viel Humor zeichnete der Komponist auffallende Wesenszüge des Lehrers nach und setzte sie in ein tänzerisches musikalisches Gewand.

Mit einem gemeinsamen Atem

Die Camerata Salzburg spielte ohne Dirigent, sehr gut geleitet vom Konzertmeister Gregory Ahss. Die spezielle Musizierhaltung des Orchesters lenkte die Aufmerksamkeit auf sich, denn die Musiker, vor allem die Stimmführerinnen und Stimmführer kommunizierten mit viel Kontakt zueinander, alle konzentriert und mit einem gemeinsamen Atem. Auf diese Weise entwickelten sich fein aufeinander abgestimmte dynamische Steigerungen und bewundernswert klare Phrasierungsbögen. Auch der für Benjamin Britten so typische „Sound“ mit dem changierenden Spiel der harmonischen Farben und der individuellen melodischen Gestik stellte sich unmittelbar ein.
In den einzelnen Tanzsätzen der Variationen op. 10 unterstrich das Orchester die satztypischen Charakteristika und stellte auch Bezüge zwischen den Teilen her. So kristallisierte sich der Charme dieses Werkes auch aus den kontrastreichen Satzfolgen heraus, wenn beispielweise auf eine bedächtige Romance eine aufgewühlte, mit opernhafter Dramatik dargestellte „Aria italiana“ folgte.
Aufhorchen ließ auch der Wiener Walzer. Die Musiker nahmen die Grundzüge des Walzers mit witzigen Spielfiguren und ausgeklügelten Spieltechniken auseinander und formten ihn um, so dass die musikalische Parodie amüsant zur Geltung kam. Das "moto perpetuo" forderte viel musikalische Präzisionsarbeit, ebenso die tiefen Passagen in "Funeral March" mit den rhythmischen Akzenten. Die kompositorischen Qualitäten brachte die Interpretation der „Camerata Salzburg“ schön zur Geltung.

Vorfreude

Das Klavierkonzert Nr. 19, KV 459 von Wolfgang Amadeus Mozart bot in mehrerer Hinsicht Anreize beim Hören und lud zu Hörvergleichen ein. Im vergangenen Sommer hat das Symphonieorchester Vorarlberg mit dem Solisten Aaron Pilsan genau dieses Werk bei den Bregenzer Festspielen präsentiert. Überdies fasziniert vor allem der Schlusssatz stets aufs Neue durch den originellen kontrapunktischen Satz. Der vielfach begabte Pianist, Komponist und Naturwissenschaftlicher Kit Armstrong hat international auf sich aufmerksam gemacht. Sein Mentor Alfred Brendel bezeichnete Kit Armstrong gar als "Wunderkind". Den sympathischen jungen Musiker in Dornbirn mit dieser Mozartinterpretation hören zu können, weckte große Vorfreude.

Charisma

Kit Armstrong musizierte den Solopart virtuos, mit einem kraftvollen Anschlag und bewundernswert flinken Fingern und perlendem Spiel. Doch nicht die Virtuosität der Ecksätze stand im Vordergrund seines Interpretationsansatzes, sondern eine vielschichtige musikimmanente Denkart. Kit Armstrongs Gespür für die Tasten und die musikalischen Inhalte kristallisierte sich auch im langsamen Satz heraus, er kostete die Themen voll und ganz aus. Mit einem kammermusikalischen Geist entfalteten der Solist und das Orchester diesen Abschnitt.
Die „Camerata Salzburg“ formte die Themen im Eröffnungssatz markant und straff. Diese Spielart betonte einerseits die Klarheit der Motiv- und Themengestalten - besonders im Finale - ging andernteils jedoch auch auf Kosten einer spielerischen Leichtigkeit und eines fließenden Duktus. Sehr präsent betteten die Orchestermusiker den Klaviersolopart in den musikalischen Fluss ein.

Quirlig und spielfreudig

Die Werkdeutung der „Oxford“-Sinfonie von Joseph Haydn rundete den anregenden Konzertabend ab. Akzente und Pausen, Spannungsbögen und Verdichtungen modellierten den ersten Satz. Die Freude am akzentuierten Spiel mit raffinierten Rhythmen sowie am gemeinsamen Gestalten zelebrierte das Orchester im Menuett sowie im Finale gut nachvollziehbar und mit Esprit.


Tipp: Samstag, 7. Jänner 2017, Kulturhaus Dornbirn, 16 Uhr
Neujahrskonzert "Camerata Salzburg" unter dem Motto "Musik ist Tanz ist Musik." Argentinische Tangos, italienische Tarantellas, spanische Paso Doubles, österreichische Walzer und andere Tänze.

Die gesamten Einnahmen kommen dem Projekt "smile4health" zugute.
Fachärzte für Plastische Chirurgie operieren in Madagaskar
Ingo Plötzeneder ist Facharzt für plastische Chirurgie, Oberarzt am LKH Feldkirch und in Schwarzach/Vorarlberg in seiner Privatpraxis tätig. Seit 2008 organisiert er jährlich einen zwei- bis dreiwöchigen Einsatz in Madagaskar. Das Team setzt sich großteils aus Mitarbeitern der Vorarlberger Krankenhäuser zusammen.