Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 23. Aug 2015 · Musik

In Hochform vom Violinkonzert zur großen Symphonie – Nikolaj Znaider an der Violine, die Wiener Symphoniker und Philippe Jordan versetzten das Publikum in Euphorie

Die Wiener Symphoniker unter ihrem Chefdirigenten Philippe Jordan präsentierten sich beim letzten Konzert des diesjährigen Festspielsommers in Topform. Als Solisten hatten sie den Geiger Nikolaj Znaider eingeladen. Gemeinsam interpretierten sie das Violinkonzert, op. 77 von Johannes Brahms mit einer erdigen und mitreißenden Spielart. In Anton Weberns „Orchestervariationen op. 30“ perlten die Töne in mannigfaltigen Klangfarben und wurden zu einem feingliedrigen Klanggebilde verwoben. Schuberts Symphonie in C-Dur, D 944 erstrahlte, indem weniger die großen melodischen Bögen, sondern die Rhythmik und Harmonik innerhalb des Bewegungsflusses betont wurde.

Anton Webern hat die „Variationen für Orchester“, op. 30 für einen großen Orchesterapparat komponiert, das 12-tönig konzipierte Werk jedoch kammermusikalisch instrumentiert. Die Gleichberechtigung jedes einzelnen Tones im Werkganzen hatten die Wiener Symphoniker und Philippe Jordan wunderbar im Ohr. Die exakten Lautstärkenverhältnisse durch die Stimmgruppen hindurch, unterstrichen das transparente und spannende Hörerlebnis. Schillernde Tonketten entfalteten die Musiker, in denen jedes einzelne Glied in einer anderen Instrumentalfarbe leuchtete und sich alle zusammen zu einem abgerundeten Ganzen formten.

Romantisch und tänzerisch


Der dänisch-israelische Geiger Nikolaj Znaider zog mit seiner kraftvollen und aussagekräftigen Spielart die Zuhörenden sofort in seinen Bann. Johannes Brahms’ Violinkonzert, op. 77 musizierten er und das Orchester als ebenbürtige Partner. Nie drängte sich Nikolaj Znaider in den Vordergrund, sondern er integrierte sich gut in den symphonischen Gesamtklang und war trotzdem oder gerade deswegen sehr präsent. Auf seinem schönen Instrument entfaltete er die Tonqualitäten in den unterschiedlichen Lagen feinsinnig und verlieh damit den thematisch-motivischen Phrasierungsbögen ganz unterschiedliche Charaktere. Faszinierend und virtuos spielte Nikolaj Znaider mehrstimmige Passagen und auch die Kadenz, in der jeder Ton sehr klar ausformuliert erklang. Das Adagio mit schönen Dialogen zwischen der Violine, der Oboe und der Flöte legten die Musikerinnen und Musiker ruhig an. Kernig wurde das Hauptthema im abschließenden Rondo ausgeformt, um damit auch dem 'ungarischen Touch' in der Musik Ausdruck zu verleihen. Das Publikum reagierte begeistert auf den sympathisch und bescheiden wirkenden Nikolaj Znaider und die mitreißende Werkdeutung.

Ein symphonisches Monument


Die Interpretation der großen C-Dur Symphonie von Franz Schubert legten Philippe Jordan und die Wiener Symphoniker energiegeladen an. Sogleich im Eröffnungssatz kam der sich aus dem Hornsolo heraus entwickelnde Bewegungsfluss gut zur Geltung. Dynamische Bögen, vorwärtsdrängende Tonrepetitionen und punktierte Linie einerseits und das liebliche Seitenthema andererseits bildeten reizvolle Gegensatzpaare, die die Wiener Symphoniker und Philippe Jordan anregend zueinander in Beziehung stellten. Zügig intonierten sie das Andante con moto und entwickelten im weiteren Verlauf einen starken Sog hin zum Höhepunkt mit der anschließenden Generalpause, aus der die Violoncelli wunderbar entspannt wieder herausführten. Die wirbelnde Geste im Hauptthema des Scherzos spielten die Streicher schwungvoll und mit wirkungsvollen Nah- und Fernverhältnissen ausgelotet. Im Trio wurde die melodische Linie allzu sehr hinter die eher dominanten Begleitfiguren gedrängt.

Kraftvoll steckten die Musiker die harmonischen Eckpfeiler im Finale ab und betonten die Bewegungsenergien in einem gut ausbalancierten Spiel der rhythmischen Elemente. Philippe Jordan dirigierte „sein“ Orchester mit akkuraten Gesten, seine klare - jedoch auch etwas streng wirkende - Haltung war wohl auch ein Garant für die wendige und temperamentvolle Werkdeutung.