Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Silvia Thurner · 17. Mär 2017 · Musik

Die Kora und Singen bedeuten Leben – Der Griot Moussa Cissokho und seine Brüder erweiterten den musikalischen Horizont

Mitten unter uns leben zahlreiche, auch international wirkende Musiker, die eine höchst inspirierte und reichhaltige musikalische Tradition in sich tragen und nach Vorarlberg gebracht haben. Diesen inspirierenden Musikern bietet die Musikethnologin, Musikerin und Pädagogin Evelyn Fink-Mennel im Rahmen des Projektes „Migraton“ eine Plattform und holt sie vor den Vorhang. Der Koraspieler Moussa Cissokho stammt aus einer prominenten Musikerdynastie aus dem Senegal, seit 2011 lebt er in Vorarlberg. Im vorarlberg museum spielte Moussa Cissokho mit seinen beiden Brüdern Sadio und Sankoum Cissokho sowie dem Cousin Ibou Ndeye traditionelle Musik und neue Popularmusik. Beim Gesprächskonzert präsentierten Studierende des Landeskonservatorium ihre Feldforschungen über die Familie Moussa Cissokho und stellten die Kora vor. Überdies referierte Ana Sobral über „Migration und wandernde Musik“.

Das Konzert und die vermittelnden Präsentationen boten reizvolle Einblicke in die Wirkgeschichte der Griots in Westafrika. Außerdem wurden der Klang und die Spielart der traditionsreichen Stegharfe, Kora, erlebbar. Informativ wurde das musikalische Selbstverständnis des Koraspielers, Sängers, Liedermachers und Komponisten Moussa Cissokho dargestellt.

Besonders anregend war der erste Konzertteil, in dem die Tradition der erzählenden Lieder im Mittelpunkt stand. Dazu spielte Moussa Cissokho – er ist selbst ein Griot - Lieder seiner Vorfahren. In Afrika, wo die orale Überlieferung noch einen bedeutenden Stellenwert einnimmt, genießen Griots ein hohes Ansehen. Die Studierenden Martin Degasper, Johanna Dietrich, Christoph Dobberstein, Felix Huber, Franziska Schneider und Philip Tratter aus der Klasse von Evelyn Fink-Mennel am Vorarlberger Landeskonservatorium haben zu diesem Themenkreis geforscht und in Interviews mit Moussa Cissokho Wissenswertes zusammengetragen. In Kurzvorträgen gaben sie ihre Erkenntnisse den Konzertbesucherinnen und –besuchern weiter.

Ein paar Lieder der Griots spielte Moussa Cissokho mit seinen Brüdern, unterstützt vom Perkussionisten Ibou Ndeye. Der schöne, harfenartige Klang der Kora, wirkte unmittelbar auf die Zuhörenden. Rhythmisch feinsinnig breiteten die Musiker einen Klangteppich aus und Moussa Cissokho sang mit einer nuancierten Stimmgebung seine Lieder.

Ein Musikstück als Visitenkarte


Eindrücklich wirkte unter anderem jenes Stück, das der Vater der drei Brüder quasi als musikalische „Visitenkarte“ für seine Söhne komponiert hat. Anhand dieser Musik identifizieren sich die drei Cissokho Brüder innerhalb der Gruppe der Griots in Westafrika. Mitreißend präsentierten Moussa, Sadio und Sankoum Cissokho ihre jeweiligen in den Klangfluss eingebetteten Improvisationen und machten damit ihre individuellen Charaktere hörbar. In den dargebotenen Stücken kamen überdies die meditativen Wesensmerkmale der Koramusik zum Ausdruck.

Pop und Rap mit afrikanischem Feeling


Im zweiten Set boten die Cissokho Brothers und Band einen anderen Blick auf ihre Musik. Sie spielten im Stil der afrikanischen Popmusik, die den Zuhörenden seit den 1980er-Jahren auch in Mitteleuropa in die Beine geht. Der mitreißende Sound, die musikalische Raffinesse und vor allem der Rap in den Liedern von Moussa Cissokho verfehlten auch im vorarlberg museum ihre Wirkung nicht. Zusätzlich verliehen Congas, Djembe und ein Ballafon der Musik eine erfrischende Note.

Das Zusammenwirken mit der Internationalen Bodenseehochschule sah darüber hinaus ein Kurzreferat der Literaturwissenschaftlerin Ana Sobral von der Universität Zürich vor. Unter dem Motto „wandernde Musik“ brachte sie interessante Beispiele, in welcher Form sich Migranten musikalisch in Kulturkreise einbringen. Auch die Musik selbst wandert und bereichert seit jeher die Kompositionsgeschichte. Ana Sobrals Vortrag führte zwar etwas weit vom Thema der senegalischen Musikerdynastie Cissokho weg, sie waren deshalb aber nicht minder spannend.

Musikalisch machte das Gesprächskonzert viel Freude. Jedoch funktionierte die Tontechnik im Saal des vorarlberg museum nur unbefriedigend. Wünschenswert wäre es auch gewesen, wenn die Cissokho Brothers die tradierte Koramusik „unplugged“ dargeboten hätten.

Konzerttipp


Donnerstag, 23. März 2017, vorarlberg museum, 19 Uhr
Wie klingt Vorarlberg? – Ein Hörfenster zwischen Innerösterreich und der Welt; Evelyn Fink-Mennel und Studierende des Vorarlberger Landeskonservatoriums.