Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Gunnar Landsgesell · 20. Okt 2016 · Film

The Accountant

Buchhalter und Killermaschine, derart sind die Eigenschaften von Christian Wolff, mit stoischer Mine von Ben Affleck gespielt. "The Accountant" erzählt einen irritierenden, spannenden Stoff, der wie ein Puzzle zusammengesetzt wird, am Ende aber ein bisschen fahl wirkt.

In „Rainman“ sind es die verstreuten Zahnstocher, die der Autist Dustin Hoffman mit einem Blick zählt – unter dem Staunen von Tom Cruise. In „The Accountant“ ist es der autistische Ben Affleck, der schon als Bub ein Puzzle zusammensetzt, noch bevor ein Gespräch seiner Eltern zu Ende geführt ist. Das letzte, abhanden gekommene Puzzleteil versetzt das Kind in eine unkontrollierte Aggression und diese, dem Krankheitsbild zugeschriebene Emotion, setzt der Film als Motor, als Schnittstelle seiner Dramaturgie. „The Accountant“ versucht von einem scheinbar unvorstellbaren Gegensatz seine innere Spannung zu beziehen: Ben Affleck ist Christian Wolff, ein Mann, der den Job des numerisch orientierten Buchhalters und der perfekten Killermaschine problemlos in einer Person vereint. Präzision verbindet. Als er einen Auftrag zur Rechnungsprüfung der Firma Living Robotics annimmt, überschneiden sich die fein säuberlich getrennten Lebenslinien dieses Mannes. Unordnung schätzt der Autist – noch so ein Klischee – aber gar nicht.

„The Accountant“ ist bemüht, sich von den geradlinig erzählten Hollywood-Produktionen abzusetzen. Das macht mitunter den Eindruck, hier werde recht kompliziert erzählt, während über die Akteure kaum etwas zu erfahren ist. „The Accountant“ startet gleich mehrere Erzählungen, nicht alle laufen zusammen. Die wichtigste ist jene, die in der Vergangenheit beginnt: Zwei Söhne, einer davon Affleck, verlieren bei der Trennung ihrer Eltern die Mutter. Der Vater, ein Mann militärischer Disziplinierung, duldet keine Schwäche und erzieht seine Söhne in brutaler Härte. Ein asiatischer Kampfsportler (noch so ein Klischee) prügelt sie bis zum Nasenbluten. Später kehrt die Kindheit zurück, nicht nur in den Erinnerungen von Christian Wolff, sondern auch in der Begegnung mit dem fremden Ich, dem antrainierten. Diesen Konflikt macht Regisseur Gavin O’Connor jedoch nicht in Form von Selbstzweifeln produktiv, vielmehr wird die Präzision des Todes, die Überlegenheit gegenüber allem Schwachen abgefeiert. So, wie Affleck als Buchhalter die Glaswände eines ganzen Raumes mit Zahlen vollschreibt und die Bilanzen von vielen Jahren während einer Nacht auf ihr Leck prüft, so killt er Menschen. Die Ambivalenzen dieser Geschichte sind spannend, in diesem Film bleibt ihr Wert aber auf der Strecke. Mit Afflecks stoischer Mine findet sich dennoch ein Rätsel, dasjenige, was einen guten Schauspieler ausmacht.