Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Gunnar Landsgesell · 06. Nov 2016 · Film

Café Society

Bobby - Jesse Eisenberg, ganz im neurotischen Stil von Woody Allen - reist von New York nach Los Angeles, um bei seinem Onkel (Steve Carell als von Hollywood-Stars umgebener Agenturchef) einen Job zu ergattern. Dabei tappt er in eine Liebesfalle (mit Kristen Stewart), in der sich bald auch sein Onkel findet. Amüsement ohne große Überraschungen, bei dem der komische Moment immer wichtiger scheint als die Geschichte selbst.

Die Great Depression Era der Dreißiger Jahre in den USA. Als der junge Bobby Dorfman (Jesse Eisenberg) seine proletarische Familie in New York Richtung Los Angeles verlässt, um bei seinem Onkel Paul Stern (Steve Carell) sein Glück zu versuchen, wechseln die Farben von einem illusionslosen Grau zu golden schimmernden Tönen. Bling bling, alles sieht hier nach Geld und anderen Verheißungen aus, selbst das Azurblau des Swimmingpools.
Bobbys Onkel ist so etwas wie ein Magnat unter den Agenturchefs in Hollywood, er spricht schnell und diniert mit Fred Astaire und anderen Stars. Kein gutes Zeichen, dass er seinen Neffen mit Ben anspricht. Ben ist der Bruder von Bobby und will in New York groß herauskommen, als Kleinkrimineller mit Mafia-Attitüden. Onkel Ben hat aber auch eine Assistentin, Vonnie, verkörpert von Kristen Stewart, mit der Regisseur Woody Allen sogleich in eine romantische Liebesbeziehung abbiegt, um sie kurz darauf zu einer in komischen Pannen verhedderten Dreiecksbeziehung (mit Onkel Paul) zu erweitern.

Das kennt man doch

„Café Society“ fällt vom ersten Moment an durch seine perfekt ausgestaltete, satte Farb- und Lichtgebung und durchkomponierte Kameraführung auf. Jedes Gesicht taucht in dramatisches Halbdunkel oder findet seine verlockende Leuchtkraft, gänzlich synchron zu den dramaturgischen Vorgaben des Films.
Kameramann Vittorio Storaro, für die Opulenz seiner Bilder für Bernardo Bertoluccis Filme bekannt, erschafft mit seinen sanften Kamerafahrten und auf Impression abzielenden Bildern eine Dreißiger-Jahre-Hollywood-Gesellschaft, die an Saturiertheit kaum zu überbieten ist. In dieser Perfektion gibt es wenig, das überrascht, aber vieles, das bestaunt werden soll.
So ähnlich verhält es sich mit Allens Geschichte selbst. Der 80-jährige Regisseur überrascht nicht mit einer originellen Geschichte, verblüfft aber einmal mehr mit einem fließenden Erzählduktus (mit Allens langjähriger Cutterin Alisa Lepselter). Scheinbar mühelos aneinandergereihte Episoden erfüllen immer den Zweck, dramatisch und komisch zugleich zu sein. Wenn etwa Bobbys Bruder Ben und seine in feine Anzüge gekleideten Gangsterbrüder schon wieder eine Leiche in die Baugrube an der Meeresküste werfen, während der Betonmischwagen seinen Inhalt so teilnahmslos in das Loch leert wie die Männer daneben die Zeit abwarten, dann ist das ein exemplarisches Bild, wie man es von Woody Allen kennt.
Die Komik bezieht sich immer aus der Ambivalenz. In Jesse Eisenberg hat Allen perfekten Ersatz für sich selbst gefunden. Selbst die gekrümmte Körperhaltung des Neurotikers, der von einem Dilemma ins nächste tappt, beherrscht Eisenberg. Es sind bestimmte Szenen, Momente, auf die sich Allen, der Meister des neurotischen Gags, so gut versteht. Etwa, der unerfahrene Bobby, der eine Prostituierte in seine Wohnung bestellt, ungeduldig wartet und dann den Akt vor lauter Nervosität absagt um kurz darauf aus Mitleid mit der nun gekränkten Frau doch wieder bereit ist, mitzumachen.
Das ist die Figur, mit der Allen seit jeher für Amüsement sorgt, aber sie hat trotz Eisenbergs schöner Performance Patina angelegt. Das ist auch das Dilemma dieses Films: Allen weiß mit der ungeheuren Differenz, die sich zwischen dem Neuankömmling Bobby und der Hollywood-Glimmerwelt auftut, wenig anzufangen. Auch die Dreiecksgeschichte (wiewohl Kristen Stewart selten so überzeugend zu sehen war wie hier) rührt einen kaum. Allen ist kein Erzähler großer Geschichten, auch wenn die Ästhetik dieses Films das aus jeder Pore ausströmt, sondern der unerbittliche Verfechter zwischenmenschlicher Komik. Aber das kennt man schon.