Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Walter Gasperi · 26. Mai 2016 · Film

Aktuell in den Filmclubs (27.5. - 2.6. 2016)

Spielboden Dornbirn und TaSKino Feldkirch zeigen diese Woche Ciro Guerras faszinierenden Amazonas-Trip „Der Schamane und die Schlange“. Im Takino Schaan läuft dagegen der Dokumentarfilm „Iraqi Odyssey“, in dem der aus dem Irak stammende Schweizer Samir Einblick in die Geschichte seiner weitverzweigten Familie, aber auch seines Heimatlandes bietet.

Der Schamane und die Schlange: 1909 drang der deutsche Ethnologe Theodor Koch-Grünberg in den Amazonasdschungel vor, 1940 der nordamerikanische Botaniker Richard Evan Schultes. Beide wurden vom gleichen Schamanen begleitet und beide hinterließen Aufzeichnungen über ihre Reisen.
Auf Basis dieser Reisetagebücher erzählt Ciro Guerra nicht hintereinander, sondern parallel von diesen über 30 Jahre auseinander liegenden Expeditionen und lässt sie ineinander fließen.
Guerra und sein Kameramann David Gallego lassen den Zuschauer in atmosphärisch starken Schwarzweißbildern, die einen suggestiven Sog entwickeln, in die ebenso faszinierende wie fremde Welt eintauchen. Die Reise in den Dschungel wird dabei auch zu einer Erkundung der Zerstörung der indigenen Kultur durch den Westen. Denn eine Kautschukplantage, auf der die Ureinwohner ein Sklavendasein führen, wird ebenso passiert wie eine Missionsstation, in der von den Padres, nicht nur die indigene Religion, sondern auch die Sprache verteufelt wird.
Gleichzeitig geht dieser visuell faszinierende und inhaltlich vielschichtige Trip über den historischen Blick weit hinaus, wenn der Forderung des Schamanen nach einem respektvollen Umgang mit der Natur das rücksichtslose Vorgehen der Weißen gegenübergestellt wird. In seiner Kritik an Raubbau, Profitgier und einer Wissenschaft, die zu Gewalt und Tod führt, sowie der Vorstellung der Überlegenheit der westlichen Kultur ist „Der Schamane und die Schlange“ ein absolut heutiger und zeitloser Film, der auch im Aufeinandertreffen gegensätzlicher Formen von Wissen zum Nachdenken anregt.
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Fr 27.5. bis Di 31.5.
Spielboden Dornbirn: Fr 27.5., 19.30 Uhr


Iraqi Odyssey:
Der aus dem Irak stammende Schweizer Samir zeichnet in seinem Dokumentarfilm, der im Takino in der 160minütigen Langfassung gezeigt wird, nicht nur die Lebensgeschichte eines Teils seiner weitverzweigten Familie nach, sondern auch die leidvolle Geschichte seines Heimatlandes Irak.
Klug beschränkt sich Samir auf zwei Onkel, die Tante, die Halbschwester und sich selbst, erzählt ihre Geschichte und damit ganz selbstverständlich auch die des Irak. Bis zur Einsetzung eines Königs von britischen Gnaden nach dem Ersten Weltkrieg greift er zurück und spannt den Bogen über die weltoffene westliche Gesellschaft der 1950er Jahre über die Diktatur Saddam Husseins bis zur instabilen Lage der Gegenwart.
Eine Fülle an Archivmaterial hat der Dokumentarfilme dafür gesichtet und prägnant mit den Interviews verknüpft. Von Familienfotos, über Homevideos und Nachrichtensendungen bis zu Spielfilmen wie Mario Camerinis „Die Fahrten des Odysseus“ reicht die Bandbreite der Found Footage, bei der Samir, dessen Name bezeichnenderweise „Geschichtenerzähler“ heißt, als Erzähler fungiert und mit seinem Voice-over die Teile zusammenhält.
Meisterhaft verbindet Samir Privates und Politisches, bewegt durch die persönlichen Schicksale und bietet gleichzeitig einen weiteren Einblick. Eindrücklich ist auch die Schlussszene, in der bei einem Familientreffen einer der Onkels trotz der schlimmen Situation im Irak eine Rede hält, in dem er der Hoffnung Ausdruck gibt, dass es die irakische Bevölkerung schafft, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und einen neuen Irak zu schaffen.
Takino Schaan: Mi 1.6., 20.30 Uhr