Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 25. Jun 2015 · Film

Aktuell in den Filmclubs (26.6. - 2.7. 2015)

Das Filmforum Bregenz zeigt diese Woche Marie Kreutzers Doris-Knecht-Verfilmung „Gruber geht“. Auf dem Programm des TaSKino Feldkirch steht die trockene norwegische Komödie „1001 Gramm“.

Gruber geht: Der Mittdreißiger Johannes „John“ Gruber lebt so schnell wie sein schwarzer Porsche fährt, zeigt sich dort, wo man sein muss, wenn man "in" sein will, snieft Kokain, besitzt eine luxuriöse Dachgeschoßwohnung, trainiert im Fitnesscenter, schleppt immer mal eine Frau für eine Nacht ab, doch über sein Leben nachdenken oder Verantwortung übernehmen will dieser Zyniker nicht. Auch als er nach einem Zusammenbruch die Diagnose „Krebs“ erhält, verdrängt und überspielt er dies zunächst, bis er die Berliner DJ Sarah kennenlernt.
Wie Marie Kreutzer in ihrer Verfilmung von Doris Knechts Roman die Balance zwischen Ernst und Leichtigkeit wahrt, wie sie genau hinschaut und ihre Liebe zu ihren Protagonisten doch immer spürbar ist, das sind die Stärken dieses Films. Dazu kommen mit Manuel Rubey als Gruber, der freilich mit seinen Blicken und seinen Charme von Anfang an kein wirkliches Ekel ist, und Bernadette Heerwagen als Sarah zwei überzeugende Hauptdarsteller.
Etwas zerrissen wirkt „Gruber geht“ freilich durch das Pendeln zwischen Berlin und Wien, zwischen der Situation Sarahs und der Grubers, aber auch der kurze Besuch der Mutter, die ihm eine Gemüsesuppe kocht, ist nicht wirklich ausgearbeitet und wirkt aufgesetzt. Gleiches gilt beispielsweise auch für eine Nacht mit einem schwulen Fitnesstrainer und andere Szenen, die in ihrer Kürze keine Konturen gewinnen, sondern in der Luft hängen.
Dennoch ist Kreutzer ein zwar vorhersehbarer, aber insgesamt doch sympathischer und warmherziger Film gelungen, der wie nicht anders zu erwarten das Leben feiert.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz:
Fr 26.6. + Sa 27.6. - jeweils 22 Uhr


1001 Gramm:
Präzision und Ordnung bestimmen das Leben von Marie, Mitarbeiterin am norwegischen Eichamt. Gefühle scheint sie keine zu kennen, doch dann muss sie beruflich nach Paris und in der Stadt der Liebe beginnt sie sich langsam zu öffnen und aufzublühen.
Einen unverwechselbaren Stil zeichnen die Filme des Norwegers Bent Hamer aus, als typisch skandinavisch könnte man sie auch bezeichnen. Da gibt es zunächst mal die Lust am Skurrilen, dann eine Erzählweise, die auf jede dramatische Zuspitzung verzichtet, mit Ellipsen viel ausspart und mit Andeutungen und dezenten Wiederholungen Witz erzeugt und schließlich stoische und wortkarge Protagonisten, auf die der Regisseur warmherzig blickt, sodass sie dem Zuschauer rasch ans Herz wachsen.
Leise kommen Hamers Filme („Kitchen Stories“, „O´Horten“, „Home for Christmas“) daher, auch Musik setzt er nur reduziert ein. Nicht aufgeblasen wird hier eine Geschichte, dafür legt der Norweger viel Wert auf Details und eine sorgfältige Farbdramaturgie. Denn dominieren zunächst bis hin zu Maries kleinem Wagen, in dem sie eingeengt wie in ihrem Leben wirkt, kalte Blautöne, so kommt mit den Parisreisen zunehmend warmes Rot ins Spiel.
Mit solchen Gegensätzen arbeitet diese trockene Tragikomödie aber auch bei den Schauplätzen, wenn dem kalten, verregneten Norwegen das sonnig-sommerliche Paris und ihrer klinisch sauberen und aufgeräumten, aber kalten modernen Wohnung das alte Haus mit Garten des Physikers, den sie in der Seine-Metropole kennenlernt, gegenübergestellt wird.
Und schließlich trifft mit diesem Physiker, der seinen Job an den Nagel gehängt hat, und sich lieber dem Gärtnern widmet, und Marie auch Wissenschaft auf Gefühl und sie muss erkennen, dass auch in der so exakten Welt von heute nicht alles mit Instrumenten messbar ist.
Wenn dann mit dem Tod ihres Vaters die Frage aufgeworfen wird, wie viel ein menschliches Leben wiegt, wenn nur eine Urne zurückbleibt, dann ruft Hamer dem Zuschauer auch zu die geschenkte Zeit zu nützen – oder um es mit Horaz zu sagen: „Carpe diem!“
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Mo 29.6, 18 Uhr + Di 30.6., 20.30 Uhr