Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 19. Mai 2016 · Film

Aktuell in den Filmclubs (20.5. - 26.5. 2016)

Im TaSKino Feldkirch und im Filmforum Bregenz läuft diese Woche noch einmal Mirjam Ungers Nöstlinger-Verfilmung „Maikäfer flieg“, während das TaKino Schaan im Rahmen einer Indien-Woche unter anderem Richie Mehtas eindrücklichen Spielfilm „Siddarth“ zeigt.

Maikäfer flieg: 1973 erschien Christine Nöstlingers autobiographischer Roman über ihre Erlebnisse als Kind am Ende des Zweiten Weltkriegs. Schwierig scheint von vornherein bei der Verfilmung einer persönlichen Geschichte dieser Dringlichkeit zu verleihen, denn einen eigenen Akzent und Schwerpunkt sollte der Regisseur setzen, um der Gefahr einer reinen Bebilderung der Vorlage zu entgehen.
Gerade letzteres muss man Mirjam Ungers Adaption von Nöstlingers Klassiker aber vorwerfen. Sorgfältig arrangiert sie zwar das zerbombte Wien und die Regisseurin kann auch auf eine starke Zita Gaier in der Rolle der neunjährigen Christl vertrauen, doch über ein Reenactment kommt der Film kaum hinaus.
In biederer Inszenierung, der jeder Pfiff und Pepp fehlt, reiht sich Szene an Szene, wenn die Mutter mit dem Mädchen Wien und die Großeltern verlässt und in einer Villa in Neuwaldegg Zuflucht sucht. Immer wieder versetzt Unger zwar mit subjektiven Einstellungen oder mit Übernahme von Christls Blick durch bunte Weihnachtskugeln den Zuschauer in die Perspektive des Mädchens, doch konsequent durchgehalten wird dieser kindliche Blick auf die Ereignisse nicht.
Kaum ein Moment oder Aspekt wird verdichtet, ohne echte Spannungssteigerung plätschert die Handlung dahin, wenn die Erwachsenen angstvoll die Ankunft der Russen erwarten, während Christl unbekümmert durch den Garten der Villa streift und schließlich auch Freundschaft mit dem russischen Koch Cohn schließt, der selbst ein schikanierter Außenseiter im Kreis der Befreier ist.
Wenig überzeugend ist in der Verkürzung auch die Figurenzeichnung, denn die Russen werden hier auf stets saufende Soldaten reduziert, die schließlich sogar von Christls aus dem Krieg zurückkehrendem Vater getröstet werden müssen, während das Umschwenken einer zuvor überzeugten Nazi-Dame viel zu platt inszeniert ist. Auch Ursula Strauss als Christls Mutter und Gerald Votava als ihr Vater wird hier zu wenig Platz gelassen, um ihren Figuren differenzierteres Profil zu verleihen.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Fr 20.5., 22 Uhr
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Fr 20.5., 22 Uhr


Siddarth:
Mehr als 90.000 Kinder werden jedes Jahr in Indien vermisst, mehr als 34.000 werden nie gefunden. Einige davon rennen von zu Hause weg, der Großteil aber wird von Menschenhändlern verschleppt, in sklavenähnliche Arbeitsverhältnisse verkauft, zur Prostitution gezwungen, verstümmelt und als Bettler auf die Straßen geschickt oder als Organspender ermordet.
Angeregt von der Geschichte eines Inders, der seinen zwölfjährigen Sohn suchte, bietet der indischstämmige Kanadier Richie Mehta in seinem Spielfilm „Siddarth“, den das Takino Schaan neben dem Bollywoodfilm „Diwale“ sowie Pan Nalins „Angry Indian Goddesses“ und „Faith Connection“ zeigt, an einem Einzelschicksal bewegend Einblick in diese erschütternde Realität.
Weil Mahendra, der auf den Straßen von Delhi Reißverschlüsse repariert, seine vierköpfige Familie nicht mehr allein ernähren kann, nimmt er seinen zwölfjährigen Sohn Siddarth aus der Schule und vermittelt ihm einen Job in einer Fabrik in einer anderen Provinz. Nach Ankunft am Arbeitsplatz meldet sich Siddarth zwar noch telefonisch, doch dann bleibt jedes Lebenszeichen aus. Als der Junge zum geplanten Zeitpunkt nicht zurückkehrt, beginnt der Vater mit Nachforschungen, die ihn schließlich bis nach Mumbai führen.
Zwar sind Thema, Schauplatz und Drehort Indien und die Sprache Hindi, so ist die Inszenierung doch ganz auf den westlichen Zuschauer abgestimmt. In geradliniger Handlungsführung erzählt Mehta ohne Schnörkel und Schlenker konsequent aus der Perspektive des Vaters. Auf dessen Wissensstand ist der Zuschauer immer, wie für den Vater bleibt auch für das Publikum Siddarth nach der Verabschiedung am Beginn unsichtbar, sein Schicksal ungewiss.
Ganz auf die Recherche konzentriert sich der Film, fängt dabei quasidokumentarisch indischen Alltag - und das heißt vor allem prekäre Lebensverhältnisse und Armut – ein und macht auch die Erschwernisse bei der Suche sichtbar. Denn der Vater, der selbst Analphabet ist, hat kein Foto des Sohnes und die Polizei nimmt den Fall zwar auf, bleibt aber weitgehend untätig. Auf sich gestellt ist Mahendra so und muss zudem schauen, wie er seine Reisen, deren Erfolgsaussichten gering sind, finanzieren kann. – „Siddarth“ ist damit auch ein Dokument der Machtlosigkeit des Einzelnen und doch muss und wird am Ende das Leben weiter gehen.
Takino Schaan:
So 22.5., 20 Uhr