Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Peter Füssl · 15. Feb 2016 · CD-Tipp

Ches Smith: The Bell

Den Drummer Ches Smith kennt man vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Tim Berne, Marc Ribot, John Zorn, Wadada Leo Smith, Fred Frith oder Elliott Sharp, was schon einiges über seine Experimentierfreude verrät. Von seinen früheren Aktivitäten in der Punk-, Grunge-, Metal- und Indie-Rock-Szene ist diesseits des Atlantiks kaum etwas bekannt, und für manche mag auch verblüffend sein, wie tief er nun mit seinem ECM-Debüt als Bandleader in den Bereich über weite Strecken frei improvisierter Kammermusik eintaucht.

Im Bratschisten Mat Manieri und im Pianisten Craig Taborn hat er für sein Trio kongeniale Mitstreiter gefunden, die seine mehr oder weniger nur aus Eckpfeilern und Orientierungshilfen bestehenden Kompositionen dank großer Sensibilität und eines enormen Erfindungsreichtums mit Leben erfüllen. „Die Idee war, den kompositorischen Anteil so minimal wie möglich zu halten. Ich wollte definitiv nicht, dass meine Vorgaben den Improvisationen im Weg stehen, denn diese sind wirklich erstaunlich“, erläutert Ches Smith das Konzept. Der Kreativität sind also keine Grenzen gesetzt, dennoch drängt sich nie jemand plakativ in den Vordergrund. Vielmehr besteht der Lustgewinn, den das Trio aus dieser Form des Musizierens zieht, ganz deutlich darin, mit riesigen Ohren auf die Mitspieler zu hören, deren Ideen kreativ weiterzuspinnen und die Komposition/Improvisation gemeinsam in mitunter wohl auch für die Beteiligten unerwartete Dimensionen zu transformieren. Ob ultrafeines Tongespinst, weitläufig umkreiste Melodiefragmente, minimalartig Hypnotisches oder brachiales Soundgewitter – man weiß nie so genau, wie sich die fünf bis dreizehn Minuten langen Stücke weiterentwickeln und darf stets mit einer Überraschung rechnen. „The Bell“ ist ein Album, das absolute Ruhe und volle Konzentration verdient, dann wird das Zuhören zum extraordinären Vergnügen.

(ECM/www.lotusrecords.at)