Uraufführung des Stückes „Stromberger oder Bilder von allem“ im Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Peter Füssl · 16. Okt 2017 · CD-Tipp

Bugge Wesseltoft: Everybody Loves Angels

Um mit Allerwelthits wie „Bridge Over Troubled Water“, „Morning Has Broken“, „Blowing In The Wind“, „Angie“ oder „Let It Be“, die Ton für Ton in die Gedächtnisse der zumindest über Radios verfügenden Menschheit eingebrannt sind, nicht jämmerlich Schiffbruch zu erleiden, muss man schon über das ganz spezielle Talent Bugge Wesseltofts verfügen.

Nämlich jenes, die zwar unverwüstlichen und dennoch vielfach zu Tode gerittenen Melodien behutsam auf ihr Wesentliches zu reduzieren, ihnen viel Raum und Ruhe zu geben, um sich zu entwickeln und ihre Wirkungsmacht ganz neu zu entfalten. Diesem von Zeit und Raum abgewandten Entkommerzialisierungs- und Entschleunigungsprozess wohnt nichts Geplantes oder Konstruiertes inne, vielmehr schöpft er seine Kraft aus der Intuition. Nach demselben Muster lädt der norwegische Pianist auf dem Steinway in der Lofotkatedralen, der größten Holzkirche Norwegens, auch einen Choral von J.S. Bach, „Angel“ von Jimi Hendrix, den Bruno Mars-Hit „Locked Out Of Heaven“ oder ein norwegisches Traditional zu minimalistischen Perlen von wohltuender Zeitlosigkeit auf. Er lässt den Tönen ebenso viel Raum wie der Stille. Mit dieser Produktion schließt Wesseltoft an sein äußerst erfolgreiches, zwanzig Jahre altes Soloprojekt „It’s Snowing On My Piano“ an. Ebenfalls 1997 brachte der innovative und experimentierfreudige musikalische Querdenker aber auch seine „New Conceptions of Jazz“ heraus, eine wegweisende Kombination aus Jazzimprovisationen mit verschiedensten Electronic-Spielarten, die er im Lauf der Jahre vielfach variiert und verfeinert hat. Wesseltofts breitgefächertes musikalisches Oeuvre hat also viele Seiten, das meditative „Everybody Loves Angels“ präsentiert aber sicher eine ganz besonders schöne. Seelenmusik für kalte Wintertage – und für den Rest des Jahres.

(ACT)