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Karlheinz Pichler · 19. Okt 2017 · Ausstellung

Die Linie als übergreifendes Versuchsfeld - Bignia Wehrli, Lydia Wilhelm, Maureen Kägi im Vaduzer Engländerbau

Rund ein Jahr nach ihrem Auftritt im Kunstraum Klingental in Basel haben sich die Schweizer Künstlerinnen Bignia Wehrli, Lydia Wilhelm und Maureen Kägi im Vaduzer Kunstraum Engländerbau erneut zu einer gemeinsamen Ausstellung zusammengefunden. Dem übergeordneten Thema „on lines“ nähern sie sich dabei aus heterogenen Richtungen an. Linien, aufgefasst als Verbindungen, Grenzen und Schnittstellen, können nicht nur über die Zeichnung und die Malerei, sondern auch akkustisch und über die Bewegung im Raum nachempfunden werden.

Im Vorfeld und zur entsprechenden Einstimmung auf das Thema und die Ausstellung sind die Künstlerinnen das Grenzgebiet am Rhein entlang, unabhängig voneinander, abgewandert. Diese Erkundungsreise diente gleichsam als gemeinsamer Ausgangspunkt und als gedankliche Grundlage für die Ausstellung.

Lochkamera auf Rheinfahrt


Bignia Wehrli etwa inspirierte das Grenzgebiet entlang des Rheins zu ihrer medienübergreifenden Arbeit „Sonnenzirkel“. Sie montierte eine überdimensionale Camera Obscura auf einen LKW-Schlauch und schickte die Konstruktion auf eine Rheinfahrt von Sargans nach Buchs. An zehn sonnigen Augusttagen generierte das durch einen starken Filter einfallende Licht kreisrunde fotografische Aufzeichnungen. Unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten, Sonnenstand, Windverhältnisse und andere Parameter hinterließen auf dem lichtempfindlichen Papier entsprechende Spuren der Abweichung. Die Bilder entsprechen Berichten, die den Lauf der Dinge aufgezeichnet haben. Fotos und Lochkamera werden im Engländerbau zusammen mit einer Videoaufzeichnung der Rheinfahrt der Kamera als Installation präsentiert. In einer zweiten Videoarbeit hält Wehrli an einem Strand ein Glas Wasser in der Hand, dessen Wasserstand sich exakt mit der Horizontlinie des Meeres deckt und gleichsam eine Schnittstelle zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren bildet.


Linien werden hörbar


Lydia Wilhelm verwendet für ihre Graphitzeichnungen, die sich zu geometrischen oder architektonisch anmutenden Texturen verdichten, Schablonen oder Winkelelemente. Kleine Unregelmäßigkeiten verweisen dabei auf das Prozesshafte der Arbeitsabläufe, weiße Leerstellen verleihen den Zeichnungen Plastizität. Wilhelms Arbeiten auf Papier sind einerseits klassische Zeichnungen, doch sie zeugen auch von einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Medium, sie hinterfragen dieses und erweitern schließlich dessen Begriff. Am Boden des Kunstraums geht Wilhelm dann auch mit Holz zur Sache. Batteriebetriebene Schwemmhölzer des Rheins bewegen sich lautstark durch den Raum. Die solcherart immateriell gezogenen Linien werden sprichwörtlich hörbar.


Verdichtung von Raum, Zeit und Bewegung

Maureen Kägi wiederum lässt ihre großformatigen Leinwände wie Raumteiler von der Decke hängen. Fixiert man die vielen mit rotem, grünem und blauem Filzstift rhythmisch gesetzten Linien, so beginnen sie zu flirren. Auf die Entfernung wirken die Arbeiten computergeneriert. Erst beim Nähertreten wird man den manuellen Spuren, den Absetzungen, kleinen Unregelmäßigkeiten, Zittrigkeiten gewahr. Durch die Überstrapazierung von Techniken und Wiederholungen von Bildmustern erzeugt die Künstlerin rythmisierende Strukturen und untersucht damit auch die Auswirkungen der Digitalisierung auf unsere Wahrnehmung. Wie bei den anderen kommt es auch bei Kägi zu einer Verdichtung von Raum, Zeit und Bewegung.

Bignia Wehrli, Lydia Wilhelm, Maureen Kägi: On lines
Kunstraum Engländerbau, Vaduz
Bis 12.11.
Mo-So 13-17, Di 13-20
www.kunstraum.li