Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Dagmar Ullmann-Bautz · 14. Jun 2014 · Theater

Poesie und absurder Humor - "Gast oder Arbeiter" gespielt vom Theaterverein Motif

Man war wirklich Gast bei dieser Hochzeit. Jeder Besucher wurde persönlich begrüßt, per Handschlag vom Brautpaar und den Trauzeugen, eingeladen vom Theaterverein Motif, zu einer rauschenden Hochzeit, einer Reise ins Gastarbeiterreich. Gestern wurde die Uraufführung von "Gast oder Arbeiter" im Theater Kosmos in Bregenz gefeiert.

Unterschiedliche Texte


Vor 50 Jahren, 1964, wurde das Anwerbeabkommen zwischen der Republik Österreich und der Türkei unterzeichnet. Ein Anlass sich mit der Frage Gastarbeiter in Österreich - „Gast oder Arbeiter“, auseinanderzusetzen. Dem Gründer und Leiter des Kulturvereins Motif, Yener Polat, ist die Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftspolitischen Themen seit jeher ein großes Anliegen. So bat er Autorinnen und Autoren, neun an der Zahl, Kurzstücke für die heurige Motif-Theaterproduktion zu schreiben. Jedem Autor wurde eine Migrantin, bzw. Migrant zur Seite gestellt. Die Erfahrungsberichte und Geschichten der türkischstämmigen Menschen wurden von den Schreibenden zu kurzen Szenen verarbeitet. Darunter auch Autorinnen mit Migrationshintergrund, die über ihre eigenen Erfahrungen schrieben. Annette Raschner, Behzat Seyhan, Daniela Egger, Gabi Bösch, Monika Helfer, Muhammed Ali Bas, Sarah Rinderer, Serpil Polat und Wolfgang Mörth stehen hinter den Texten des Theaterabends, die sich in Qualität und Stil doch wesentlich unterscheiden. Neben sehr poetischen Texten, höchst erzählerischen, formen sich andere zu sehr formalen und stringenten Szenen.

Großes Thema: Hochzeit


Es ist ein bunter Abend daraus geworden, eine Hochzeitsfeier, bei der alle Theaterbesucher Gäste sind. So beschäftigt sich ein großer Teil der Szenen mit dem Thema Hochzeit, während die auch als Klammer für weitere Geschichten dient, die an verschiedenen Orten, im Unfallkrankenhaus oder auf der Entbindungsstation oder auch im fernen Ankara, Istanbul oder Anatolien spielen. Es geht um vermittelte Ehen und um das Ausbrechen aus alten Traditionen, um ein türkisches Mädchen, das sich in einen österreichischen Jungen verliebt, um väterlichen Stolz, um die vielzitierte harte Schale mit dem weichen Kern, es geht um die Stellung der Frauen innerhalb der Familien und die Position der Migranten in ihrem Ursprungsland. Studierte Migrantin trifft auf österreichische Verkäuferin und ein Dichter spaziert parlierend mit einem gelben Hund durch das nächtliche Istanbul.

Essen und Tanzen


Die Texte selber sind weitgehend ernst, die Inszenierung ungeheuer witzig. Regisseur Michael Schiemer hat den Spagat gewagt und dort, wo es die Szenen zulassen, mit Überhöhung und Übertreibung gearbeitet und die Dramatik mancher Texte damit gebrochen, was dem Abend sehr gut tat. Zwischen den Szenen wurde getanzt und gegessen, wozu auch das Publikum eingeladen war.

Raumkonzept


Julia Kopa, verantwortlich für die Ausstattung, baute einen Laufsteg und mehrere kleine Bühnen in den ganzen Raum. Ein Teil des Publikums saß an Biertischen, gemeinsam mit den Schauspielerinnen. Der eigentliche Publikumsraum war unterbrochen von Podesten, die immer wieder als Spielfläche fungierten. Arndt Rössler war gefordert diese Spielplätze auszuleuchten, ohne jemanden zu blenden oder im Schatten stehen zu lassen. Die Kostüme aus schnell zu wechselnden Utensilien unterstrichen die Szenen und den Humor des Abends.

Homogenes Ensemble


Die Spielfreude der jungen Menschen war herrlich spürbar, manchmal auch etwas überbordend. Ein großes Kompliment gebührt Regisseur Schiemer für die Führung dieser inhomogenen Gruppe zu einem homogenen Ensemble. Jede, jeder der jungen Schauspielerinnen und Schauspieler bewies Talent und Spielvermögen. Die Natürlichkeit und die Ehrlichkeit, mit der sie ihre Figuren darstellen, ist das großes Kapital dieser Produktion.

Der Theaterabend mündete in einen begeisterten Applaus für Schauspielerinnen und Schauspieler sowie das Leadingteam.


Weitere Termine:

Theater Kosmos
14. / 15. Juni jeweils 20 Uhr

Spielboden Dornbirn
19. / 20. Juni jeweils 20.30 Uhr

Remise Bludenz
21. Juni um 20 Uhr

KOM Altach
22. Juni, 19 Uhr