Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Dagmar Ullmann-Bautz · 12. Nov 2017 · Theater

Nicht Machtspiele sondern Vergeudung? - Das Stück „Der Parasit oder Die Kunst, sein Glück zu machen“ am Vorarlberger Landestheater

Gestern präsentierte das Vorarlberger Landestheater mit Schillers Lustspiel „Der Parasit oder Die Kunst, sein Glück zu machen“ seine dritte Premiere der laufenden Spielsaison. Das Stück wurde seinerzeit vom französischen Dramatiker Picard verfasst, Schiller hat es darauf lediglich ins Deutsche übersetzt. Zu seinen Zeiten galten keine Urheberrechte, und so setzte auch Schiller seinen Namen unter das Stück, womit es seitdem zu seinen, wenn auch nicht zu seinen rühmlichsten Werken gehört.

Entlarvt und davongejagt

Die Geschichte von Selicour, der es versteht, seine berufliche Inkompetenz geschickt durch Schmeicheleien und Lügen zu verbergen, passt natürlich trefflich in eine Spielzeit, die unter dem Motto „Macht und Machtspiele“ steht. Selicour umgarnt die Mutter seines Vorgesetzten, becirct dessen Tochter und versucht sich dieserart einen angesehenen Posten zu erschleichen. Schamlos nützt er dabei Wissen und Fleiß seiner allzu gutmütigen Kollegen aus. Doch anders als in der Realität, wird er entlarvt und davongejagt, denn „Gerechtigkeit gibt es nur auf der Bühne“, so der letzte Satz des Theaterabends.

Stück ohne Raffinesse

Leider erzählt das Stück, der Text per se, seinen Stoff ohne jede Raffinesse und höchst fadenscheinig. Eigentlich eines Schillers unwürdig, der mit seinen großartigen Dramen deutsche Theatergeschichte geschrieben hat. Es ist schade, dass für dieses Stück so viel Kreativität, Energie, Schauspielkunst und -lust verschwendet wurde. Auch das von Regisseur Tobias Materna entfachte  Feuerwerk an Slapsticks und an Ideen vermögen es nicht, Begeisterung für den Plot aufkommen zu lassen.

Hervorragendes Ensemble

Regisseur Materna lässt die Schauspieler gleich Comicfiguren über die Bühne rasen, trippeln, fliegen, rollen, kugeln. Er hat viele köstliche, ausgeklügelte, durchdachte, mitunter aber auch weniger reflektierte Ideen, und so geht mancher Schuss ordentlich am Ziel vorbei. Denn auch die besten Ideen, grandios umgesetzt, lassen das Stück nicht interessanter werden. Das Ensemble selbst agiert wunderbar, mit allergrößtem körperlichem Einsatz, genau auf den Punkt und mit großer Präsenz. Sven Walser überzeugt mit einem vielseitigen und äußerst kreativen Mienenspiel in der Rolle des Parasiten Selicour. Seinen Kollegen La Roche spielt Daniel F. Kamen und erntet Bewunderung für seine akrobatischen Leistungen. Martin Brachvogel verkörpert herrlich frivol die Mutter des Ministers und Bo-Phyllis Strube unauffällig fein seine Tochter. In der Rolle des braven Firmin und seines Sohnes Karl gefallen sowohl Fritz Egger als auch Luzian Hirzel. Bernhard Leute gibt einen wahren Minister, David Kopp seinen herrlichen Kammerdiener und Alexandra Maria Nutz Selicours Cousine vom Land.

Chapeau für die Ausstattung

Es ist schier zum Verzweifeln, alle Schauspieler hätten für ihre Leistungen einfach ein besseres Stück verdient! Auch die beeindruckende, ganz fantastische Bühne ebenso wie die herausragenden Kostüme von Lorena Diaz Stephens und Jan Hendrik Neidert, beides von Arndt Rössler gewohnt perfekt ins Licht gesetzt.

Das Publikum applaudierte den Leistungen des Ensembles und des Teams, war jedoch einigermaßen ratlos ob des zwiespältigen Theaterabends.

Weitere Aufführungen:
Di 14.11 / Sa 2.12. / Sa 9.12. / Fr 15.12. / Mi 27.12. / So 31.12. (Silvester-Vorstellung) / Do 18.1., jeweils 19.30 Uhr, Grosses Haus