"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Annette Raschner · 07. Dez 2012 · Theater

„Mehr Geld, mehr Sex, mehr Zeit"

Die Korruption blüht, Politiker simulieren Volksnähe, ein milliardenschwerer Unternehmer gründet eine Partei, und jetzt macht sich das aktionstheater ensemble daran, die Parteienlandschaft in Österreich mit einer Theaterpersiflage neu aufzumischen. Unter Jubel wurde Donnerstag Abend „Wir gründen eine Partei" nach einer Textfassung der jungen, soeben erst mit dem Peter-Turrini-Stipendium ausgezeichneten Dramatikerin Claudia Tondl am Dornbirner Spielboden uraufgeführt.

„Hier dürfen alle das sagen, was sie schön finden“, sagt die blutjunge Friseurin Isabella, Spitzenkandidatin der neuen Partei. Während sie von weltenumspannenden Wellness-Salons träumt, in denen alle zufrieden sind, weil ihrer Meinung nach Schönsein zufrieden macht, fordert der schwermütige Romantiker Thomas: „Jedem sein eigener Hase.“ Susanne, ernüchtert vom exzessiven „Genuss“ diversester Singlebörsen, möchte das Recht auf Partnerschaft im neuen Parteiprogramm verankert wissen, und Roswitha, die Weihnachten am liebsten mit einem dicken Joint feiert, schwört auf ihr geniales Apfelkuchen- und Rosinenumverteilungssystem zur Finanzierung.

Eine wunderbare Persiflage

Ja, diese Partei, sie feiert die Wiedergeburt der Demokratie im Geiste des Frühstücksfernsehens und der Selbstfindungs-Workshops. In der Wohlfühlzone des Frisiersalons soll eine entschlackte Gesellschaft zu ihrer Blüte gelangen; nur blöd, dass einem da immer wieder die eigenen Befindlichkeiten in die Quere kommen! „Montags überziehe ich mein Bett. In geraden Kalenderwochen mit karierter Bettwäsche und dem dazu passenden weißen Spannleintuch, in ungeraden Wochen mit gestreifter Bettwäsche und dem dazu passenden schwarzen Spannleintuch.“ In enger Zusammenarbeit mit dem aktionstheater ensemble hat die junge österreichische Dramatikerin Claudia Tondl einen Text verfasst, der die in der Politlandschaft grassierende Inhaltsleere, Scheinheiligkeit und Phrasendrescherei so wunderbar spiegelt und persifliert, dass man sich manche Sätze der fünf Möchtegern-ParteigängerInnen trotz ihrer haarsträubenden Unsinnigkeit wie Mantras vorsagen möchte.

Begeisterung im Publikum

Mit dieser Produktion ist das aktionstheater ensemble wieder bei einem Schärfegrad angelangt, den man genau bei dieser Gruppe so schätzt. Das Premierenpublikum zeigte sich begeistert, der Applaus dauerte lange an.

Weitere Vorstellungen
Heute, Freitag, 7.12. und Samstag, 8.12., jeweils 20.30 Uhr,
Spielboden Dornbirn