Unterhaltsame Einblicke in Schaffensprozesse – Wolfram Schurig, Gerald Futscher und Folkert Uhde sprachen über das Musikerfinden
Zu einer Talkshow wurden die beiden Komponisten Gerald Futscher und Wolfram Schurig von den „Montforter Zwischentönen“ in den Rösslepark in Feldkirch geladen. Folkert Uhde sprach mit ihnen über den schöpferischen Akt des Musikerfindens, unter anderem anhand von zwei Videozuspielungen mit Beiträgen des deutschen Komponisten Helmut Oehring und des Schweizer Musikers Claudio Puntin. Interessant war, dass die vier Komponisten auch vier unterschiedliche kompositorische Zugänge verfolgen. Das konzentriert zuhörende Publikum reagierte positiv auf dieses Musik- beziehungsweise Wissensvermittlungsangebot. Allerdings fehlte der künstlerisch erlebbare, musikalische Zugang, denn lediglich zwei kurze CD-Einspielungen wurden zugeschaltet.
Die unterschiedlichen Zugänge zum Komponieren von Wolfram Schurig und Gerald Futscher kamen bereits in ihren Kurzbiografien zum Ausdruck. Während Wolfram Schurig nach dem abgeschlossenen Blockflötenstudium noch ein Kompositionsstudium bei Helmut Lachenmann absolvierte und sein erstes Werk datieren konnte, entwickelte Gerald Futscher nach einem Fagottstudium und einer kurzen Karriere als Orchestermusiker seine individuelle kompositorische Sprache allmählich und weitgehend autodidaktisch.
Input via Videozuspielung
Unterhaltsam nahmen Gerald Futscher und Wolfram Schurig zum Input Stellung, den der Klarinettist Claudio Puntin via Videozuspielung gab. Auf die Frage von Folkert Uhde „Wie gehst du vor, wenn du eine Komposition beginnst?“, stellte Claudio Puntin seine Arbeitsweise dar. Ausgehend von der Improvisation, verbunden mit der Stille, entwickelt er die Töne bzw. Klänge.
Daraufhin kam das Gespräch in Gang, denn Wolfram Schurig und Gerald Futscher können mit dieser Vorgangsweise nichts anfangen und verfolgen andere Ziele.
Individuelle Zugänge
Als Regeln erfinden, bei denen er nicht genau weiß, was das Endresultat darstellt, beschrieb Wolfram Schurig seine Ausgangsüberlegungen. Bedeutend für sein künstlerisches Schaffen ist nicht lediglich das Spiel mit bereits Bekanntem, sondern das Ausloten des Materials und die Freude damit, beim Komponieren die Ideen unter Kontrolle zu haben oder auch grad nicht mehr. Außerdem sind ihm haptische Elemente, die das Musizieren eines Streichinstrumentes oder eines Blechblasinstrumente bieten, wichtige Inspirationsquellen.
Gerald Futscher betonte, dass in seinen Werken stets etwas Neues passieren soll. Die Materialgrundlage für seine Kompositionen generiert er aus genau ausgetüftelten Klängen, die die Grundlage für seine Werke bilden. Seine Schilderungen von Klangexperimenten mit allerlei Utensilien und einem Klaviertorso beinhalteten viele unterhaltsame Pointen.
Unbeantwortete Frage
Eine Videozuspielung von Helmut Oehring, der in Ostdeutschland aufgewachsen ist, führte zu Überlegungen, ob außermusikalische Ereignisse auch Anlass für das kompositorische Schaffen sein können. Doch davon distanzierten sich Gerald Futscher und Wolfram Schurig. Die Frage, was sie im Innersten dazu anregt, künstlerisch Schaffende zu sein, blieb verständlicherweise im Raum stehen.
Die Talkshow wurde von den Zuhörenden mit Interesse aufgenommen und bot schließlich mitsamt den Videozuspielungen Einblicke in vier unterschiedliche kompositorische Zugänge.
Kommentar
Die Ausrichtung einer Talkshow mit zwei Komponisten weckt den Anschein, dass es sich die künstlerischen Leiter der „Montforter Zwischentöne“ – wenn’s um das Erfinden von Musik geht - allzu leicht machen. Es genügt nicht, mit Komponisten lediglich über Musik zu sprechen. Musik ist eine Zeitkunst - wie auch im Gespräch festgestellt worden ist - und als solche lebt sie nur dann, wenn sie erklingt. In meinen Augen stellt das Sprechen über Musik nicht mehr als eine Krücke dar. Dies zeigte sich auch bei dieser Talkshow, die zwar Einblicke, aber wenig Wesentliches bot. Schließlich drücken sich Gerald Futscher und Wolfram Schurig als Komponisten mit ihrer Musik aus und mit ihren Werken haben sie viel zu sagen.
Der „Talk“ sollte nun Anlass sein, die von Gerald Futscher und Wolfram Schurig dargelegten Gedanken auch musikalisch erfahrbar zu machen. Kompositionsaufträge oder Aufführungen repräsentativer Werke wären hierzu eine passende Gelegenheit. So könnten Hans-Joachim Gögl und Folkert Uhde zeigen, dass sie das Potenzial heimischer Komponisten wirklich (an)erkennen und sie nicht als bloßen Programmpunkt in den Agenden des Festivals abhaken.