Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Fritz Jurmann · 03. Aug 2018 · Musik

Rossini-Klassiker und Opern-Uraufführung dominieren die zweite Festspielhälfte

Wenn die beiden großen Premieren am See und im Haus und die ersten Orchesterkonzerte vorbei sind, sind auch die Bregenzer Festspiele so gut wie gelaufen. Denkt sich mancher, aber es stimmt so nicht. Denn wie jedes Jahr hat die Festivalleitung auch heuer für die zweite Hälfte zwei weitere Musiktheater-Produktionen bereit, die zwar rein äußerlich kleinere Kaliber sind und „nur“ auf der Werkstattbühne und im Kornmarkttheater stattfinden.

In Wirklichkeit verspricht auch die Opernuraufführung „Das Jagdgewehr“ nach der Musik von Thomas Larcher in der Regie von Karl Markovics als Auftragswerk der Festspiele viel an spannenden musikalisch-szenischen Umsetzungen in feiner psychologischer Deutung. Beide verwirklichen das erste Mal in ihrer Karriere eine neue Oper. Auch in Rossinis „Barbier von Sevilla“ als Produktion des Opernstudios in der Regie von Brigitte Fassbaender steckt sehr viel Zündstoff an Komik und toller Musik. Im Pressetag II informierten die Festspiele am Freitagvormittag Journalisten aus der Region mit Probenbesuch und Gesprächen mit den Leading Teams über den aktuellen Stand der Vorbereitungen.

Statement für die neue Oper

Am Beginn dieses Treffens stand ein leidenschaftliches Bekenntnis von Intendantin Elisabeth Sobotka zur Notwendigkeit der Einbeziehung des zeitgenössischen Musikschaffens in ihr Programm: „Es gilt, die aktuelle Oper zu unterstützen und am Leben zu erhalten mit neuen Werken und neuen Ideen. Die Beschäftigung mit der, wie ich finde, spannendsten Kunstform, die es gibt, der Oper, ist für mich das Allerwichtigste.“ So erteilte Sobotka schon 2013, also zwei Jahre vor ihrem Amtsantritt in Bregenz, dem Tiroler Komponisten Thomas Larcher („Er kann so gut mit Stimmen umgehen“) den Auftrag für eine Opernkomposition, an deren Verwirklichung er dann zweieinhalb Jahre lang arbeitete.

Das dabei entstandene Werk „Das Jagdgewehr“ basiert auf dem 1949 erschienenen Bestseller des japanischen Schriftstellers Yasushi Inoue, das von der Einsamkeit eines Jägers erzählt, „dessen Jagdgewehr die ganze Last tief in Seele und Leib des einsamen Mannes drückt“. Es war die Vorlage für das Libretto von Friederike  Gösweiner, das gemeinsam mit Larcher entstand. Er ist seit 1992 mehrfach als Pianist und Komponist im Programm der Festspiele vertreten.

„Das Jagdgewehr“ wird derzeit in intensiven Proben auf der Werkstattbühne des Festspielhauses Stück für Stück entwickelt. Beim Pressetag erhielten die Journalisten die Möglichkeit, dem Leading Team dabei zuzusehen, wie in einer intensiven Arbeitsatmosphäre an den notwendigen Details gefeilt wird. Am Morgen des Pressetages wurde übrigens bekannt, dass Larcher aktuell mit dem Ernst-Krenek-Preis ausgezeichnet wurde.

Kammersängerin führt Regie

Nach Vollendung des Mozart-Da-Ponte-Zyklus im vergangenen Sommer bringt das Opernstudio im vierten Jahr seines Bestehens Gioacchino Rossinis „Der Barbier von Sevilla“ auf die Bühne des Kornmarkt-Theaters. Die Geschichte des 2015 von Elisabeth Sobotka gegründeten Opernstudios ist eng mit dem Wirken von Sängerlegende Brigitte Fassbaender verbunden, die nach drei jährlichen Meisterklassen zur Vorbereitung heuer erstmals auch selber Regie führt. Die renommierte Kammersängerin und Gesangspädagogin schuf nach ihrem Abschied von der Bühne 1995 bereits 70 Inszenierungen. 

Im anschließenden Pressegespräch vereint Pressesprecher Axel Renner die Leading Teams beider Produktionen und beweist dabei seine Kunst der Gesprächsführung, acht gescheite Leute durch kluge Fragen und gezielte Verknüpfungen unter den verschiedenen Sparten auch zu höchst interessanten und erhellenden Antworten zu animieren.

Keine Figuren, sondern Menschen

Komponist Thomas Larcher etwa zeigt sich erleichtert, dass seine Arbeit nun in einem idealen Klima und in dichter Vernetzung mit Intendanz und Regie umgesetzt wird. Regisseur Markovics ist es wichtig, dass bei seiner ersten Opernregie „keine Figuren, sondern Menschen“ auf der Bühne stehen. Es war für ihn ein Geschenk, das Werk quasi vom Nullpunkt heraus mit zu entwickeln. Der in der Neuen Musik sehr erfahrene Dirigent Michael Boder möchte erreichen, dass Larchers Musik die Zuhörer auch gleich beim ersten Mal anspricht. Der irische Tenor Robin Tritschler in der Hauptrolle des Dichters sprang für den erkrankten Mark Padmore ein, für den die Oper eigentlich geschrieben wurde, und musste die musikalisch komplexe Partie in deutscher Sprache (!) in kürzester Zeit lernen. Er behalf sich mit Studien auf seinen langen Flügen von einem Auftritt zum anderen.

Werkdebüt mit Rossini

Brigitte Fassbaender als führende Persönlichkeit der „Barbier“-Produktion schwärmt für Rossini generell und hält den „Barbier“ für eine der gelungensten komischen Opern und mindestens so schwer zu interpretieren wie Mozart. Bei der tollen Besetzung an jungen, gut ausgebildeten Leuten, die die entsprechende Virtuosität und das Handwerk dieser Musik beherrschen, sei dieses Werkdebüt für sie eine besondere Freude: „Meine Fantasie ist ganz frei, das finde ich gut“.

Der italienische Dirigent Daniele Squeo freut sich, dass die jungen Sänger offen sind für alles und alles möglichst gut machen wollen. Die bulgarische Mezzosopranistin Svetlina Stoyanova ist „extrem dankbar“, dass sie hier ihre Traumrolle der Rosina erstmals verwirklichen kann. Sie ist Gewinnerin des Gesangswettbewerbes Neue Stimmen 2017 und wird in der kommenden Saison ins Ensemble der Wiener Staatsoper aufgenommen.

Der Barbier von Sevilla, Oper von Gioacchino Rossini
Premiere: Mo, 13. August, 19.30 Uhr, Theater am Kornmarkt
Weitere Vorstellungen: Di, 14., Do, 16. und Sa, 18. August, jeweils 19.30 Uhr, Theater am Kornmarkt
Das Jagdgewehr, Oper von Thomas Larcher
Premiere: Mi, 15. August, 20.00 Uhr Werkstattbühne
Weitere Vorstellungen: Fr, 17. und Sa, 18. August, jeweils 20.00 Uhr, Werkstattbühne
Restkarten sind für beide Produktionen noch erhältlich.
www.bregenzerfestspiele.com