Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 31. Mär 2017 · Musik

Heimat lernen II - ohne vordergründiges Pathos, mit viel innerer Energie - Die Aboreihe „Musik in der Pforte“ hatte einen eindrucksvollen Saisonsauftakt

Mit einem variantenreichen und spannenden Konzert eröffnete Klaus Christa die aktuelle Saison von „Musik in der Pforte“ in Feldkirch. Weil das Projekt „Heimat lernen I“ im vergangenen Jahr ein voller Erfolg war und der große Themenkreis „Heimat“ ohnehin in aller Munde ist, führt der künstlerische Leiter die Gedanken dazu im aktuellen Abonnementprogramm weiter. Er bat die Musikerkollegen Miriam Helms Alien, Mathias Johansen, Francesco Negrini, Allen Smith, Sibylle Mahni und Leon Bosch um Kompositionen, die für sie persönlich Heimat bedeuten. Sie alle waren eingeladen die ausgesuchten Kompositionen solo oder im Ensemble zu präsentieren. Diese Idee ging voll auf, denn auf der einen Seite entstand ein buntes Spektrum an Musikstilen, von Folk über Klassik bis Jazz und Modernes und andernteils musizierten alle Beteiligten mit großer Begeisterung und Emphase.

Gleich zu Beginn ließ die Hornistin Sibylle Mahni aufhorchen. Sie präsentierte ein Solowerk des russischen Komponisten Vitaly Buyanovsky. Von Beginn an zog ihre kraftvolle Tongebung die Aufmerksamkeit auf sich. Überdies gestaltete Sibylle Mahni die melodischen Bögen mit spannenden Klangfarbenänderungen, die die räumliche Perspektive einer Landschaft aus unterschiedlichen Blickwinkeln imaginierte.

Alle Musikerinnen und Musiker erzählten, warum die von ihnen ausgewählten Stücke ihnen Heimat bedeuten. Bezug nehmend auf sein Instrument - die Bratsche - betonte Klaus Christa, „durch dich bin ich ganz ich“. Mozarts Andante aus dem Divertimento für Streichtrio KV 563 hatte er ausgewählt. Mit großem Einverständnis musizierten Klaus Christa, Miriam Helms Alien an der Violine und Mathias Johansen am Violoncello diesen anregenden Variationensatz. Die Art wie die Musiker die melodischen Ideen weitergaben, einzelne Schichten kulminierten, der Mollvariation eine bemerkenswert konträre Farbe verliehen und dabei einander viel Raum für die Entfaltung der jeweiligen Stimmen ließen, ergab eine mitreißende Werkdeutung.

Abwechslungsreiche Vielfalt


Spannend war der Beitrag des Cellisten Mathias Johansen. Er spielte die für seine Künstlerbiografie bedeutende Solosonate für Violoncello von György Ligeti leidenschaftlich bewegt und intensiv. Die Dialoge der Themen im ersten Abschnitt mit den gegensätzlichen Positionierungen auf der C- bzw. A-Saite, verbunden mit Arpeggi und Glissandi waren gut nachvollziehbar. Im nachfolgenden Capriccio modellierte er flirrende Gesten zu einem energisch kraftvollen Fluss. Entspannung bot die Idylle „Saeterjentens Sondag“ von Ole Bull, die Miriam Helms Alien an der Solovioline entfaltete. Den Klanggrund dazu schufen die Musikerkollegen im extra für diese Aufführung geschaffenen Arrangement für Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass (Leon Bosch), Horn, Fagott (Allen Smith) und Klarinette (Francesco Negrini).

Das Jazzstück für Klarinette solo „Clarinettologia“ spielte Francesco Negrini in memoriam des Komponisten Gaspare Tirincanti, der auch sein Lehrer war. Mit bewundernswerter Leichtigkeit und formte Negrini die virtuos angelegte Linie aus und begeisterte mit seiner großen Aussagekraft.

Gernot Wolfgangs „Impressions“ hatte Allen Smith ausgesucht. Im Septett spielten die Musiker den ersten Satz mit dem Titel „Karneval in Venedig“. Die Aufteilung des Ensembles in zuerst rhythmisierende Streicherpassagen und melodieführende Bläser sowie deren Rollentausch zogen die Aufmerksamkeit auf sich. Beschleunigungen sowie immer wieder neue Bewegungsimpulse verströmten viel Energie.

Gegenseitiges Geben und Nehmen


Diesem Kaleidoskop an musikalischen Darbietungen wurde bei der Generalprobe im Pförtnerhaus Feldkirch das heitere Septett op. 20 von Ludwig van Beethoven gegenübergestellt. Mit diesem Werk sei der Rheinländer in Wien angekommen und habe eine neue Heimat gefunden, betonte Klaus Christa. Jedes Ensemblemitglied zeigte bei dieser Werkdeutung, dass ihm der kammermusikalische Dialog, das feinfühlende Reagieren aufeinander und die plastische Ausdeutung jeder Phrase ein wirkliches Anliegen sind.

Ein besonderes Interesse erregten dabei die Spielarten von Mathias Johansen und Francesco Negrini, denn beide sind junge Dozenten am Vorarlberger Landeskonservatorium. Vor allem in den ersten beiden Sätzen begeisterte Francesco Negrini mit seinem Spiel, indem er sehr präsent auf den Violinpart reagierte und mit schönen Kantilenen aufhorchen ließ. Auch Mathias Johansens musizierte beeindruckend, klangsinnlich und mit viel Augenkontakt zu den Ensemblemitgliedern füllte er den Cellopart aus.

 

Tipp:
Dieses Konzertprogramm ist am Samstag, den 1. April, 17 Uhr im Frauenmuseum Hittisau im Rahmen der „Pforte im Frauenmuseum“ zu hören.