Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Thomas Kuschny · 27. Jän 2017 · Musik

Die Idiosynkrasie des Herrn King - Das Dave King Trio am Spielboden Dornbirn

„Niemals in der Geschichte des Jazz hat eine Band so dürftig und so laut für so viele Leute gespielt.“ Der Rezensent des renommierten Magazins „Jazztimes“ scheint etwas ungehalten und äußert sich hier einigermaßen apodiktisch zur Band „The Bad Plus“. Er liefert auch gleich den Hauptschuldigen nach: Schlagzeuger Dave King heißt der Übeltäter.

Das ist freilich schon einige Zeit her und hat der Karriere von „The Bad Plus“ nicht im mindesten geschadet. Bekannt geworden ist das Piano Trio vor allem wegen ab und an recht kühner Dekonstruktionen berühmter Nummern aus der Pop- und Rockgeschichte von Black Sabbath über David Bowie und Abba bis Nirvana. Wobei das mit dem Bekanntheitsgrad so eine Sache ist. Denn genützt hat er dem „Dave King Trio“ wenig, war man doch gezwungen, den Spielboden zum intimen Jazzclub ohne Bühne und also mit mehr Unmittelbarkeit umzubauen. Optisch gelingt das ausgezeichnet, akustisch weniger. Das einzige nennenswert verstärkte Instrument ist der Flügel, die Position der Lautsprecher hoch über den Köpfen des Auditoriums führt leider dazu, daß er mitunter seltsam disloziert von oben herab plärrt und die gewünschte akustische Authentizität somit schon einigermaßen stört.

 

Spannendes Gebräu

 

King und seine Mitstreiter Billy Peterson am Kontrabass bzw Bill Carrothers am Piano widmen sich hauptsächlich Neudeutungen von Jazzstandards, allerdings deutlich progressiver als üblich, was ja auch nicht anders zu erwarten war. In Interviews betont King immer wieder die Bedeutung von Eigenständigkeit und Unverwechselbarkeit, Kriterien, die einen Keith Moon zum Beispiel deutlich interessanter machen würden als technisch versiertere Kollegen.
Da hat er natürlich vollkommen recht und auch sein Spiel glänzt durch eine sehr singuläre Herangehensweise. Den Impetus hat er vom Rock, Flanellhemd, Beanie und Tätowierungen sind auch ein optisches Indiz dafür. Verbunden mit reichlich Improvisationsfreude und dynamisch-emotionalem Entdeckergeist entsteht ein spannendes Gebräu, so daß es eine wahre Freude ist.
Bassist Peterson hört man definitiv nicht an, dass er 23 Jahre fixes Mitglied der Steve Miller Band war („Abracadabra“, wer's noch kennt), er liefert ein souveränes Fundament. Dem Pianisten Carrothers wiederum steckt der Schalk im Nacken. Auf einem herkömmlichen Küchenstuhl sitzend wie einst Glenn Gould und in Socken spielend ist er immer wieder für überraschende Wendungen gut, baut in abstrakte Linien laufend Klischeephrasen aus allen Zeiten ein, vom Stride bis zum Spätimpressionismus, ein beachtliches Repertoire! Ein sympathisch schräger Vogel, der auf seiner Homepage der Renovierung seines Hauses irgendwo in Minnesota mehr Raum gibt als seiner Pianistenkarriere.
Die drei Herren verarbeiten Stücke von Ornette Coleman über Jimmy Giuffre bis Cole Porter, manchmal bis zur Unkenntlichkeit abstrahiert. Launig meint Dave King, an einer vom Pianisten gepfiffenen Melodie hätte man „Body & Soul“ doch wohl eindeutig erkennen müssen. Man kann aber auch anders. Einer der schönsten Momente ist eine eher simpel gehaltene Eigenkomposition ohne alle Extravaganzen. Davon könnte es auch etwas mehr sein.