Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 23. Sep 2019 · Musik

Das erste Abonnementkonzert des Symphonieorchesters Vorarlberg mit dem Pianisten und Dirigenten Alexander Lonquich hinterließ einen zwiespältigen Eindruck

Die Streicherinnen und Streicher des Symphonieorchesters Vorarlberg musizierten zum Auftakt der aktuellen Abonnementreihe mit dem renommierten deutschen Pianisten Alexander Lonquich, der zugleich auch die Orchesterleitung innehatte. Auf dem Programm standen frühe Werke von Dvorak, Schostakowitsch und Mozart. Den Höhepunkt des Abends stellte die Deutung des ersten Klavierkonzertes für Klavier und Trompete von Dmitri Schostakowitsch dar. Roché Jenny, Solotrompeter des SOV, spielte den Bläserpart genauso wie es dem Komponisten wohl vorgeschwebt war, als Karikatur mit mannigfaltigen humorvollen und satirischen Zügen. Als Orchesterleiter überzeugte Alexander Lonquich wenig, doch mit seiner Interpretation von Mozarts Klavierkonzert Nr. 9 (KV 271) begeisterte der Pianist. Insgesamt blieben beim Abokonzert im Bregenzer Festspielhaus einige Fragen offen.

In Erinnerung an frühere Zeiten ist es in den vergangenen Jahren wieder en Vogue, dass Musiker als Solisten auftreten und zugleich dirigierend die musikalische Orchesterleitung übernehmen. Das Prinzip des „play and conduct“ ermöglicht den Orchestermusikern einen engen und direkten Kontakt mit dem Solisten. In dieser Doppelfunktion war Alexander Lonquich schon öfters erfolgreich tätig. Doch beim Abokonzert im Bregenzer Festspielhaus stellte sich keine rechte Kongruenz zwischen ihm und dem Orchester ein. Dies lag teilweise auch am sehr quirlig musizierenden Konzertmeister Hans-Peter Hofmann. Es war spür- und hörbar, dass bei ihm die energetischen Fäden zusammenliefen und nicht beim eigentlichen Orchesterleiter. Auf die Musizierhaltung des Solisten beim Mozartklavierkonzert wirkte sich diese Konstellation positiv aus, dem musikalischen Gesamteindruck aller anderen Werkdeutungen kam sie allerdings nicht entgegen.

Überraschende Wendungen und schelmische Einwürfe

Den Höhepunkt des Abends bildete die Darbietung des ersten Klavierkonzertes von Dmitri Schostakowitsch. Es ist ein Werk voller Witz, Satire und Übertreibung. Alexander Lonquich spielte des Klavierpart mit Sinn für die kaleidoskopartig angelegten, mit vielen überraschenden Wendungen verwobenen Themen. Etwas mehr Überzeichnung hätte der Interpretation, vor allem in den Ecksätzen gut getan. Alexander Lonquich war als Solist und Dirigent sehr gefordert, deshalb assistierte ihm eine Notenumblätterin. Insgesamt beeinträchtigte die Hektik der dauernden Positionswechsel während des Spielens und Dirigierens den Gesamteindruck und manche „Kontaktstellen“ klangen wenig exakt.

Roché Jenny war eine Idealbesetzung für den Trompetenpart, denn seine schelmenhafte Ausstrahlung, sein direkter musikalischer Zugriff und die temperamentvolle Tongebung bildeten ideale Voraussetzungen für dieses Werk. Dementsprechend verlieh er in den markigen Trompeteneinwürfen, die den Klavierpart kommentieren und auch kontrapunktieren ein Profil und unterstrich die musikalisch karikierende Wirkung. Darüber hinaus entfaltete Roché Jenny die Kantilenen emotionsgeladen und formte sie in weiten Phrasierungsbögen aus.

Gut musiziert auf einem unbefriedigenden Instrument

In den Klavierkonzerten zeigte sich, wie vorteilhaft es ist, wenn Musiker selbst über ihre Instrumentenwahl entscheiden können. Alexander Lonquich musste Vorlieb nehmen mit einem Steinway, der für das gerne kolportierte gute Renommee des Bregenzer Festspielhauses peinlich ist. Der flache Klang mit wenig Tiefgang sowohl in den hohen Lagen als auch in den tiefen Registern und noch dazu die in sich inhomogene Tongebung entsprachen in keiner Weise den Ansprüchen, die man sich von derartigen Konzertereignissen erwarten darf.

Das neunte Klavierkonzert von W. A. Mozart musizierte Alexander Lonquich genussvoll und geistreich, hier war er in seinem Element. Pianistisch begeisterte er mit vielgestaltigen und transparenten Themengestalten und Linienführungen. Auch hier sprang Alexander Lonquich immer wieder vom Klavier aus hoch, um zu dirigieren. Doch die Musikerinnen und Musiker verließen sich lieber auf ihren Konzertmeister. Das funktionierte über weite Strecken, aber einige markante Stellen wirkten nicht ideal koordiniert.

Zuerst langatmig, dann mit Drive

Die Serenade in in E-Dur, op. 22 von Antonin Dvorak spielten die Orchestermusikerinnen und -musiker mit viel Bedacht auf eine ausgewogene Pianokultur. Ein einheitlicher und in sich abgerundeter Streichorchesterklang stellte sich in den zahlreichen Frage- und Antwortspielen sowie den kanonartig aneinander gereihten Motiven jedoch eher zögerlich ein. Überdies fehlte der Werkdeutung weitgehend der Esprit.

Mozarts Adagio und Fuge (KV 546) deutete das SOV mit Alexander Lonquich am Pult zuerst mit eher wenig Bedacht auf die leittönigen harmonischen Beziehungen aus. Doch die anschließende Fuge gelang transparent und klar, so dass sich in allen Stimmgruppen ein mitreißender Drive entwickelte.