Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Thorsten Bayer · 18. Nov 2017 · Musik

Blick zurück nach vorn – Die Sofa Surfers im Spielboden

Ihr 20-jähriges Jubiläum feierte die Wiener Band am Freitagabend im gut besuchten Spielboden. Seit 1997 haben die fünf Musiker einige Metamorphosen hinter sich. Die Bandbreite ihres Schaffens zwischen clubtauglichen Elektrobeats im Stil von Kruder & Dorfmeister einerseits und Minimal Rock andererseits ist eine ihrer größten Stärken. Auf der Bühne spielten sie dieses Können nicht immer aus. Erlebenswert blieb der Gig allemal; nicht nur wegen der beeindruckenden Projektionen.

Nach zwanzig Jahren Bandgeschichte ist für viele, wenn nicht die meisten Bands der Moment gekommen, ein typisches Best-of-Album zu veröffentlichen: 90 Prozent bekanntes Material, dazu ein bis zwei neue Stücke, damit auch die treuesten Fans einen Grund haben, das neue Werk zu kaufen. Doch die Sofa Surfers sind eben keine normale Band. „Natürlich lag es nahe, zum 20er ein ,Best-of‘-Album zu machen“, sagt Wolfgang Frisch im Interview mit der Tiroler Tageszeitung, „aber es erschien uns spannender, einen anderen Weg zu gehen: Einerseits zurückschauen – und trotzdem einen Schritt nach vorne machen.“ So sind auf dem neuen, passenderweise „20“ getauften Album sowohl neue Kompositionen als auch „Reworks“ zu hören, also alte Songs, neu interpretiert.

Düster und politisch

In Dornbirn startet der Auftritt mit Visuals in Form von verstörenden grau-weiß pulsierenden abstrakten Formen. Bass und Drums setzen ein, die düstere Grundstimmung für den Abend ist definiert. Sänger Mani Obeya tanzt, im grau-weißen T-Shirt Ton und Ton gekleidet, schwungvoll auf die Bühne. „You guys are so well-behaved, come on“, versucht er, das Publikum aus der Reserve zu locken. Dabei sind vor allem die ersten, verschleppten Stücke wahrlich nicht dazu angetan, flott drauflos zu tanzen. Nach zwei, drei Songs tritt die E-Gitarre mit viel Hall in den Vordergrund, die fünf erhöhen spürbar das Tempo. Soulige Vocals und wütender Sprechgesang wechseln sich ab. Bei letzterem fühlt sich der Besucher fast wie auf einem Anne-Clark-Konzert, erst recht, wenn dazu Zeilen wie diese zu hören – und auf der Leinwand mitzulesen – sind: "I'm a refugee with no identity, my body doesn't feel like me, my soul is a bedouin."

Originalität

In anderen Momenten fühlt man sich nicht in die 80er-, sondern in die 90er-Jahre zurückversetzt. Manches Stück könnte auch, ohne Saxophon, so oder so ähnlich von der US-amerikanischen Crossover-Combo Dog Eat Dog stammen. Das heißt nicht, dass sie diese möglichen Vorbilder kopieren. Sie kreieren aus diesen Versatzstücken einen unverwechselbaren, individuellen Sound. Dieses breite Repertoire, aus dem die Sofa Surfers schöpfen, macht sie zu einer ganz speziellen Gruppe, die nicht nur in der österreichischen Musiklandschaft schwer ein zweites Mal zu finden ist. Manche Drum’n’Bass-Passagen sind absolut mitreißend. Insgesamt aber bleibt es teilweise Stückwerk, was die Band zeigt. „Can I Get A Witness?“ mit seinem geloopten Gitarren-Riff beispielsweise wird auf Dauer eintönig, da helfen auch die Elektro-Spielereien am Ende des Songs nicht. Vielleicht ist aber auch die Erwartung unrealistisch und unfair, die vielen Gesichter der Sofa Surfers auf einen Abend und eine Bühne fokussieren zu können. 

Gelungene Optik

Rundum überzeugend ist das „Gesamterlebnis Sofa Surfers“ mit den erwähnten kunstvollen Visuals von Timo Novotny, die den Besucher beispielsweise durch Paris rasen lassen. Vielleicht brauchen die fünf auch einfach etwas Muße, eine kleine Tour-Pause, die sie tatsächlich nach dem Dornbirner Gig einlegen. Ihren nächsten Auftritt haben sie am 15. Feber in Krems. Bis dahin sollten sich Indie-Fans, die auf reduzierten Rock stehen, das 2005er-Album „Sofa Surfers“ anhören, Elektro-Freaks sei das 2015er-Werk „Scrambles, Anthems And Odysseys“ empfohlen. Und die Verfilmungen der Wolf-Haas-Krimis um Kommissar Brenner gehen ja ohnehin immer. Die jeweiligen Soundtracks steuerten die Sofa Surfers bei.

www.spielboden.at
www.sofasurfers.info