Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Christina Porod · 17. Apr 2013 · Kleinkunst, Kabarett

Django Asül – „Groovt sich erstmals ein in die Materie“

Mit seinem mittlerweile fünften Soloprogramm „Paradigma“, was sinngemäß soviel wie „Sicht auf die Dinge“ bedeutet, gewann der Kabarettist Django Asül sein Publikum im TAK in Liechtenstein. Er entschied sich für das griechischstämmige Wort, weil er unbedingt einen ökumenischen Touch wollte. Am gestrigen Dienstagabend zeigte der Niederbayer mit türkischen Wurzeln eine kluge Mischung aus Polit-Kabarett und leichterer Kost.

In T-Shirt, Jackett und Jeans gekleidet, betritt er die Bühne, auf der lediglich ein Bartisch mit wassergefülltem Weißbierglas und ein Stuhl stehen. Und schon geht’s los. Eine Hand in der Hosentasche mit der anderen wild gestikulierend, amüsiert er sich über die ungewöhnliche Beginnzeit der Show: 9 Minuten nach 8. Die mittleren zwei Plätz der ersten Reihe sind frei geblieben. „Vielleicht haben die beiden die Zeit mit 8 nach 9 verwechselt“. Der 40-jährige Bayer muss sich, wie er sagt, erstmals eingrooven in die Materie. Das tut er auch. Vorbildlich vorbereitet auf Liechtenstein startet der Deutsch-Türke dann sein Programm: Er freut sich über die Innovativität des Fürstentums, da sie schon seit 1984 das Frauenwahlrecht haben oder bemerkt die Analogie von „Salzburg und Mozartkugeln“ mit „Liechtenstein und Hilti-Schlagbohrern“.

Geschmeidige Übergänge

Weiter geht’s. Im ersten Teil dominiert das politische Kabarett. Eine kleine Kostprobe: „Falls Sie Rückenbeschwerden haben, machen Sie’s wie Frau Merkel und verzichten auf ein Rückgrat“. Er erklärt auch warum Gauk für Merkel gar nicht geht. „Weil er ein Ossi ist, aus Ostdeutschland kommt und in der DDR gelebt hat.“ Aber nicht nur die Kanzlerin war Teil seiner Politikerschelte. Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn, fehle „das Maskuline einer Renate Künast“ und den Vater von Kuhns Vorgänger Manfred Rommel (Erwin Rommel) weist er als „ Reiseleiter in Nordafrika“ aus.
In der zweiten Hälfte des Programms wird das Politische etwas außen vor gelassen. Er widmet sich vermehrt seiner Einbürgerung und wie es sich anfühlt plötzlich Deutscher zu sein. Denn Asül ist kein Türke mehr, er hat jetzt einen Deutschen Pass. Am ersten Morgen als deutscher Staatsbürger habe er einen schweren Druck auf seinen Schultern verspürt. Dies sei die historische Verantwortung, die nun auf ihm lastet.

Geschmeidig gelingen ihm die Übergänge zwischen den einzelnen Themen und er mischt gekonntes Schauspiel mit ein. So leiht er einem Freund seines türkischstämmigen Vaters seine Stimme, betrunkenen bayerischen Stammtischlern oder einem Saunakumpanen. Zu überzeugen weiß er auch, wenn er über die Euro-Krise, das Debakel des Berliner Flughafens oder das Schulsystem referiert. „Die Lehrer sind total überfordert. Alte Lehrer saufen, um die vergangenen 30 Jahre zu verkraften und die jungen, damit sie die folgenden 30 Jahre aushalten.“ Beim Blick ins Klassenzimmer sieht man „die eine Hälfte der Kinder ist grantig, die andere migrantig.“ Einige Sprüche imponieren besonders, auch die Erklärung, dass „NATO so etwas ist wie die EU, nur mit echten Patronen“.

Routiniert pointiert

Ein Kabarett-Programm schreiben, bedeutet viel Arbeit. Denn an einer 100-minütigen Show sitzt er doch den ganzen Nachmittag, scherzt er. Das will man ihm angesichts der bis nahezu ins letzte Detail fein ausgetüftelten Komposition nicht so recht glauben. Django Asül ist schnell, sehr schnell. Es sprudelt nur so aus ihm heraus. Der Kabarett-Profi weiß, wann die Lacher kommen, hält sein Glas in der Hand bereit, um dann im adäquaten Moment einen Schluck zu trinken und dann flugs weiter fortzufahren. Genau getimt eben. Dann und wann hätte etwas mehr Ungebundenheit dem durchkomponierten Programm gut getan. Er rauscht durch sein Programm, das spürbar in Fleisch und Blut übergegangen ist. Dass er nicht nur die Routine, sondern auch die Spontaneität beherrscht, stellt er - leider nur sehr vereinzelt – nach der Pause unter Beweis, wenn er mit dem Publikum in Kontakt tritt. Nichtsdestotrotz kredenzt Django Asül einen gelungenen, schlauen, witzigen Kabarett-Abend und sorgt für ausgelassene Stimmung.

Keine klassische Zugabe

Das mehrmalige Hin- und Herlaufen beim Schlussapplaus schenkt er sich. Er bleibt gleich auf der Bühne stehen. Wer jetzt eine Zugabe im klassischen Sinne erwartet, der irrt. Sein Epilog dient der Eigenwerbung. Klingt unsympathisch, ist es aber keineswegs. Auf humorvolle und geschickte Weise preist er so seine CD, DVD und nächsten Auftritte an. Dass Asül nicht nur mit Worten schnell ist, zeigt sich auch bei den Auf- und Abtritten. Genauso abrupt wie er bereits in die Pause gehuscht ist, endet auch der Abend. Mit einer kleiner Schützenhilfe für den endgültigen Schlussapplaus und der dazu passenden Anekdote, heißt es dann: „Wenn ich bei der Treppe bin, können Sie aufhören zu applaudieren. Ich komme nicht mehr.“

 

P.S. Ein Krümelchen Kritik sei noch angemerkt. Bitte liebe KabarettistInnen vergrabt den scheinbar begehrten Witz um das mit Antibiotika vollgestopfte, Grippe heilende Huhn ganz hinten in euren Köpfen und lasst ihn dort verpuffen....