Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Dagmar Ullmann-Bautz · 27. Jul 2018 · Kleinkunst, Kabarett

Besser geht’s nicht! Puppenspiel vom Feinsten erlebte das Publikum bei „Böhm“ im Theater am Kornmarkt

Es war ein großartiger Abend, eindrücklich und nachhaltig. Sowohl der Text von Paulus Hochgatterer als auch die Inszenierung und das Spiel von Nikolaus Habjan sind auf allerhöchstem Niveau und von größter Qualität. Die Koproduktion der Bregenzer Festspiele und des Schauspielhauses Graz wurde im März ebendort uraufgeführt und feierte letzten Mittwoch ihre Bregenzer Premiere im Theater am Kornmarkt.

Hochsensible Auseinandersetzung

„Böhm“, eine hochsensible Auseinandersetzung mit dem österreichischen Komponisten Karl Böhm (1894 – 1981), dessen Arbeitsweise und seiner nationalsozialistischen Vergangenheit, wurde von Paulus Hochgatterer nach der Idee von Nikolaus Habjan geschrieben. Hochgatterer, 1961 in Niederösterreich geboren, ist Autor und Kinderpsychiater und in beiden Berufen sehr erfolgreich. Neben vielen anderen Preisen hat er 1995 auch den Harder Literaturpreis gewonnen.

Schonungslos ehrlich

Die Idee, von einer gegenwärtigen Geschichte aus, den Blick in die Vergangenheit zu werfen und somit auch die Vorgänge im Hier und Heute klar zu erzählen, ist großartig und ohne zu werten einfach nur schonungslos ehrlich. Doch leider, wie ein Sitznachbar nach der Aufführung bemerkte, verirren sich die, denen die Augen zu öffnen wären, äußerst selten in einen derartigen Theaterabend. Paulus Hochgatterer ist als Psychiater natürlich Fachmann für menschliche Untiefen, und die hat er in diesem Stück mit allerfeinster Klinge herausgearbeitet.

Feine Dialoge und geniales Spiel

Es braucht keine großen Erklärungen, kleine feine Dialoge bringen die Themen haargenau auf den Punkt. Der alte verbitterte Mann und das kluge freche Mädchen – die Schwester des 24-Stunden-Pflegers aus Rumänien – sind für sich alleine schon eine Kombination, die ganz viele Geschichten auflegt und zulässt. Hochgatterer versteht es, mit wenigen Worten viel zu erzählen, und Habjan perfektioniert die Geschichten mit seinem genialen Spiel.

Nikolaus Habjan hat das Stück inszeniert und er spielt auch alle 11 Figuren, bzw. führt die Puppen mit einer Präzision und einem Einfühlungsvermögen, wie es ganz selten zu sehen ist. Nikolaus Habjan ist ein wahrhaftiger Puppenspieler! Zudem entwirft er auch alle Puppen selber und erfindet immer wieder neue Formen.

Sehr genau ausgearbeitet

Von der ersten Minute an, vergisst man als Zuschauer, dass es sich um Puppen handelt, in Habjans Händen erwachen sie zum Leben mit verschiedenen klar gezeichneten Eigenschaften und Emotionen. Nicht nur, dass jede Figur in ihrer Körpersprache einzigartig ist, auch die Stimmen, die ihnen Habjan leiht, ist für jede Puppe anders und genaustens ausgearbeitet.

Spannend, ernst und humorig

Die Bühne von Julius Theodor Semmelmann ist äußerst funktionell und unterstützt die Geschichte. Die Kostüme von Cedric Mpaka sind sehr einfach und authentisch gehalten. Thomas Trummer hat die einzelnen Szene ganz wunderbar ins Licht gesetzt.

Alles in allem ist dem Team ein hochspannender, tiefernster und dabei höchst humoriger Theaterabend gelungen, den das Publikum mit langanhaltendem und jubelndem Applaus feierte.