Gute Zeiten im Michaelerhaus
Eine inspirierende Zeitreise mit Johannes Hämmerle und dem Concerto Stella Matutina
Das Barockorchester Concerto Stella Matutina versteht es wie kaum ein anderes Ensemble, im Rahmen seines Abonnements in der Kulturbühne AMBACH Geschichten zu erzählen. Das diesjährige 20-Jahre-Bestandsjubiläum leiteten die ideenreichen Musiker:innen mit einem Blick in das geschichtsträchtige Michaelerhaus in Wien ein. Dort wohnten der junge Joseph Haydn, der berühmte Dichter und Librettist Pietro B. Metastasio, der viel beachtete Gesangspädagoge Nicola A. Porpora sowie die Sängerin und Komponistin Marianna Martines unter einem Dach. Im Rahmen von Soireen begegneten sich dort auch Mozart, Salieri und Maria Theresia Paradis. Mit Werken aus der Feder dieser Komponist:innen führte das CSM in das geistreiche Ambiente im Salon des Hauses am Ende des 18. Jahrhunderts und begeisterte die Zuhörenden.
Johannes Hämmerle ist seit der Gründung des Concerto Stella Matutina vor 20 Jahren eine wesentliche Stütze des Orchesters. Sein musikalisches Können, Ideen, Forschungen sowie die wertvollen musikwissenschaftlichen Arbeiten beim Aufbereiten bislang nicht editierter Notenmaterialien sind wichtige Grundpfeiler des Erfolges des Barockorchesters.
Als Organist und Cembalist ist Johannes Hämmerle weithin bekannt. Bereits während seines Studiums in Wien war er zweiter Organist in der Michaelerkirche und kam damit in den Genuss der Orgel von Johann David Sieber. Der mährische Orgelbauer hat das Instrument mit einzigartigem Registerreichtum ausgestattet. Unter anderem diese Erfahrungen mit feinen Klangfarbenschattierungen hätten ihn maßgeblich geprägt, erzählte der Solist des Abends im Gespräch mit Thomas Platzgummer.
Mit dem Orgelkonzert in C-Dur von Antonio Salieri illustrierte Johannes Hämmerle seine ausgeprägte Spielfreude und Musikerpersönlichkeit. Insbesondere in den virtuosen Solopassagen, in den Themenführungen sowie Phrasierungen der „Ritornelle“ begeisterte die musikalische Brillanz auf seiner klangschönen Truhenorgel.
Während das CSM als Partner bei Salieri teilweise etwas zögerlich agierte, kamen die Qualitäten des Orchesters im Cembalokonzert in G-Dur von Marianna Martines voll zur Geltung. Johannes Hämmerle besitzt drei Cembali. In die Kulturbühne AmBach brachte er sein großes italienisches Instrument mit. Zugleich spritzig im Charakter und mit perkussivem Temperament spielte er die perlenden Läufe in den Ecksätzen. Sensibel und in guter Abstimmung musizierte das Concerto Stella Matutina und unterstrich mit seiner Pianokultur die Qualitäten des Soloparts. Besonders das wunderbar entfaltete kammermusikalische Adagio, bei dem das Cembalo in Dialog mit der Flöte sowie einem Streichquartett trat, lenkte die Aufmerksamkeit auf sich.
Für Konzertsäle ist dieses Werk jedoch nicht konzipiert. Deshalb erlebten die Zuhörenden in den vorderen Reihen die Farbenspiele des Cembalos und des Orchesters wahrscheinlich um einiges variantenreicher als jene, die weiter entfernt Platz nahmen.
Bekanntes und Neuentdeckungen ebenbürtig nebeneinander
Als Eckpfeiler der unterhaltsamen Einblicke in die illustre Künstler:innengesellschaft im Michaelerhaus erklangen zuerst die Ouvertüre zu „L‘Isola disabitata“ (Die verlorene Insel) von Joseph Haydn und abschließend Mozarts 20. Sinfonie. Pietro Metastasio hat das Libretto für Haydns Kammerspiel über die Geschichte des Robinson Crusoe verfasst. Spannungsgeladen und kontrastreich vergegenwärtigten die Musiker:innen die Dramatik des Schiffsbruchs mit klanglich hervorragend ausbalancierten Flächen und sodann mit aufgewühlt wirbelnden Läufen.
Die charakteristischen Eigenheiten der Sinfonie Nr. 20 von W.A. Mozart (KV 133) kristallisierten die Musiker:innen plastisch heraus. Obwohl der Anfang und das Ende etwas undifferenziert wirkten, bot die Werkdeutung mit zahlreichen dynamischen Kontrasten und rhythmischen Akzentuierungen viel Spannkraft. Feinsinnig zelebriert wurde die Flötenstimme (Angelika Gallez) im idyllischen, naturhaft wirkenden Adagio.
Gute Unterhaltung bot die Overture zu „Carlo il Calvo“ von Nicola Antonio Porpora. Die Musiker:innen stellten die Musik mit einem tänzerischen Duktus in den Raum. Imposant wirkte die fanfarenartige Einleitung mit Horn, Trompete und Pauke. Das Menuett erklang plastisch artikuliert und der schwungvolle Contradanza verbreitete gute Laune. Ebenso unterhaltsam und fröhlich kam die Ouvertüre zum Singspiel „Der Schulkandidat“ von Maria Theresia von Paradis über die Bühne.