Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Gunnar Landsgesell · 15. Feb 2018 · Film

Shape of Water - Das Flüstern des Wassers

Baltimore 1962: Ein seltsames Wesen zwischen Fisch und Mensch wird vom FBI gefangengenommen, in das sich die Putzfrau Elisa (Sally Hawkins) verliebt. Bildgewaltig von Guillermo del Toro zwischen Realismus und Fantasy inszeniert. Nominiert für 13 Oscars.

Schönheit liegt im Auge des Betrachters, wie es so schön heißt. Das gilt nicht nur für das jüngste Werk des mexikanischen Filmemachers Guillermo del Toro („Pan’s Labyrinth“), sondern auch für dessen herrlich in Blau- und Grüntönen schillernde Kreatur, die sich im Wasser am wohlsten fühlt. Ein Fischmann, von einem hasszerfressenen FBI-Agenten Richard Strickland (grausam gut: Michael Shannon) aus einem „Schlammloch“ im Amazonasgebiet gezogen, wie er sagt; nun, im eisernen Wassertank eines geheimen Laboratoriums der Regierung in Ketten gelegt. Hier arbeitet auch Elisa (Sally Hawkins) als Putzfrau. Stumm seit dem Moment, als sie als Baby irgendwo aus einem Gewässer gerettet wurde. An ihrem Hals hat sie drei Narben. Während Strickland die Kreatur trotz Protesten der Wissenschaftler mit seinem Elektroschocker quält, sorgt sich Elisa um den Fischmann, den sie heimlich versorgt. Es ist das Jahr 1962, der Kalte Krieg und der Wettlauf um die Vorherrschaft im All werden erbittert geführt. Und bevor die Sowjets die fremde Kreatur entführen können, will Shannon den Amphibienmenschen (Doug Jones), der auch an Land atmen kann, töten.

 Allianz der Marginalisierten


„The Shape of Water“ ist ein wundersamer Film. Ein „Creature feature“, das die Schönheit der Andersartigkeit in dunklen Farben zelebriert und von der romantischen Beziehung zwischen einer Frau und einem maskulinen Fantasiewesen bis zur körperlichen Attraktion erzählt. Das Badezimmer von Elisa wird bis zur Decke geflutet, während das Wasser für diese beiden einsamen Figuren zu einem Element der Lebenslust und für den Betrachter zu einem der reinen Schönheit wird. Die Kamera führt zwei Geschoße nach unten, wo den versprengten Besuchern eines Kinosaals das Wasser auf die Köpfe tröpfelt – eines von vielen Bildern, mit denen Del Toro auf beeindruckende Weise eine Welt erschafft, die real und fantastisch zugleich ist. Entfernt erinnert „Shape of Water“ an Wes Cravens „Swamp Thing“ („Das Ding aus dem Sumpf“, 1982), in dem eine Frau in den Sümpfen auf ein Wesen, seit einem Laborunfall halb Mensch, halb Pflanze, trifft, das gejagt wird, während sie mit ihm eine abwegige gefühlvolle Beziehung eingeht. Doch Del Toros „Shape of Water“ ist keine B-Movie-Produktion, sondern überzeugt als ungemein reichhaltige, vielschichtige Erzählung und Inszenierung (mit Gothic-Touch). Nicht nur die Weltpolitik bildet hier eine spannungsreiche Hintergrundfolie, es ist auch die Sorgfalt, mit der Del Toro seine Welt mit Leben erfüllt. Sally Hawkins („Maudie“, „Paddington 2“) interpretiert in ihrer bislang vielleicht besten Darstellung diese Rolle ohne übertriebene Expression, als Frau zwischen Zurückhaltung und Willensstärke. Die Einsamkeit, die wie ein Schleier über Elisas Leben liegt, prägt auch den Mikrokosmos der mit ihr befreundeten Figuren: An Elisas Seite Octavia Spencer als geschwätzige Arbeitskollegin und Freundin, sowie Richard Jenkins als Maler, der schon lange den Glauben verloren hat, in dieser Welt noch etwas bewirken zu können. Es wirkt fast wie in einem Marvel-Comic, in dem ein paar Normalos plötzlich über sich hinauswachsen, um die Mächte des Bösen zurückzuschlagen und einer verlorenen Humanität zum Sieg zu verhelfen. Einmal mehr erweist sich Del Toro als Filmemacher, der es versteht, in puren Bildern zu erzählen. Grausamkeit und Hoffnung, Isolation und Energie, Naivität und große Ideen treffen in „Shape of Water“ beständig aufeinander, ohne dass dafür gewichtige Dialoge gebraucht werden. Immerhin ist die Protagonistin ja stumm. Man versteht sie auch so.