Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Gunnar Landsgesell · 14. Jun 2012 · Film

Rock of Ages

„Rock of Ages“ erzählt vom letzten Aufblitzen der Glam-Metal-Ära und verwandelt diese in ein käsiges Musical, in dem Tom Cruise – kurios genug – noch die erdigste Interpretation bietet.

Am Ende einer Verwertungskette kann auch mal das Revival stehen. Im Fall des 80er-Jahre-Filmmusicals „Rock of Ages“ heißt das auf Deutsch Restlverwertung. Mehr (Tom Cruise, Alec Baldwin) oder weniger (Diego Boneta, Julianne Hough) bekannte Schauspieler intonieren auf einer Bühne diverse Nummern, die heute noch möglichst vielen Leuten vertraut sind. Die Lyrics von „We built this City“, „ I Want To Know What Love Is“ oder „The Final Countdown“ sollen schließlich ein dünnes Handlungsband zusammenhalten. Was live funktionieren mag – Rock of Ages lief jahrelang am Broadway – kann im Kino hingegen so abstinken wie die Übertragung einer Oper aus der Met. Und daran würde selbst 3D nichts ändern. Dass „Rock of Ages“ trotz seiner visuellen Überwältigungsversuche schnell wieder verblasst (forcierte Montage, die es im Musik-Videozeitalter ’87 so noch gar nicht gab) liegt aber nicht allein am Format des Musicals. Regisseur/Autor Adam Shankman hat die ohnehin schon recht abgenutzte und dennoch expliziter gehaltene Vorlage über Aufstieg und Niedergang im Rockgewerbe in eine geradezu keimfreie Umwelt übertragen. Eine junge Frau (Julianne Hough) stolpert, eben aus der Provinz in Los Angeles angekommen, in die Bar „Bourbon Room“, wo sie ihren Traum, Sängerin zu werden, vorerst als Kellnerin beginnt. Mit dem jungen Kollegen (Diego Boneta), der sie in den Schuppen gebracht hat, verbindet sie rasch eine Liebe, die durch ein vermeintliches Abenteuer mit dem abgetakelten Rockstar Stacee Jaxx (Tom Cruise) zwischenzeitlich auf Eis liegt. In Nebenrollen mobilisiert eine Politiker-Gattin (Catherine Zeta-Jones als verkapptes Groupie-Girl) für die Schließung des Bourbon Room, während dessen überwutzelter Besitzer (Alec Baldwin, eher ein netter Onkel mit langen Haaren) den finanziellen Ruin abzuwenden versucht.

Die Glam-Welt falsch verstanden

Vom Schmutz, den Drogen, dem Tod des Rock schlechthin, der zu dieser Zeit schön langsam dem Hiphop, dem House und anderen Sample-Künsten Platz machen musste, lässt sich in Shankmans Inszenierung nichts erkennen. Schäbigkeit für kolportierte 70 Mio. Dollar Budget ist vielleicht zu viel verlangt. Kurioserweise bedient sich Shankman aber auch nicht an den Mythen des Rock, etwa an der queeren Erscheinung von Gruppen wie Twisted Sister, sondern zieht eine kreuzbrave musikalische Soap auf, die mit dem Begriff des Jukebox-Musicals gut beschrieben ist. Auf den einzelnen Auftritten selbst liegt alles Augenmerk, sie sollen durch möglichsten Bombast das Publikum überrollen. Auch hier scheint die Welt aber verkehrt gedacht worden zu sein: Einerseits wurden die zwei Hauptrollen mit Boneta und Hough mit völlig blassen Akteuren besetzt, während Tom Cruise als krampfiges, vergleichsweise erdiges Bühnentier die Blicke auf sich zieht. Andererseits wurden just jene in Nebenrollen gedrängt, die dieser Komödie über das letzte Aufblitzen von Rock und Glam-Metal ein bisschen Tragik und damit Sinnanbindung verleihen könnten. Cruise (allein die Teufelsmaske als Accessoire über seinem Gemächt zeugt vom fehlenden Verständnis für diese Zeit) verkörpert geradezu den Tod einer Ära, während Zeta-Jones eine veritable Gegenspielerin wäre. Aus beiden Rollen wurde nicht viel gemacht. So bleibt Shankmans Gebot, sich über die Rockstars von damals nicht lustig zu machen und die daraus entstandene Disneyfizierung des Genres. Neben der Performance von Cruise ist das auch der größte Wert: ein cheesy movie, bei dem nie klar wird, ob das alles wirklich so gemeint ist.