Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 22. Apr 2012 · Film

Aktuell in den Filmclubs (23.4. - 29.4. 2012)

Im Filmforum Bregenz laufen diese Woche Karl Markovics´ starkes Regiedebüt „Atmen“ und Phyllida Lloyds Biopic über Margaret Thatcher „The Iron Lady“, das aber auch eine großartige und zu Recht mit dem Oscar ausgezeichnete Meryl Streep nicht retten kann.

Atmen: Der 19-jährige Roman (Thomas Schubert) büßt eine fünfjährige Haftstrafe ab. Um sich auf das Leben danach vorzubereiten, darf er als Freigänger in einem Bestattungsunternehmen arbeiten – und findet gerade im Kontakt mit dem Tod ins Leben zurück.
Einfach und geradlinig erzählt Karl Markovics diese Geschichte einer Befreiung und zweiten Menschwerdung. Die wortkarge und nüchterne Inszenierung korrespondiert kongenial mit dem Charakter des von Thomas Schubert gerade in seiner Zurückhaltung und Sprachlosigkeit großartig gespielten Protagonisten. In kalten Farben, wiederkehrenden Einstellungen von engen Gängen und dem sich wiederholenden Alltag, der immer wieder in statischen Totalen eingefangen wird, kehrt Kameramann Martin Gschlacht die Isolation und innere Gefangenheit nach außen. Trotz Cinemascope-Format stellt sich hier kein Gefühl der Freiheit, sondern vielmehr der Beklemmung und Verlorenheit ein. Und so verschlossen wie Roman ist zunächst auch der Film, bietet erst langsam Einblick in die Biographie des Jugendlichen, öffnet sich dann aber immer mehr und bringt am Ende auch die Tat ans Licht, die zur Haftstrafe führte.
Markovics versucht nicht zu emotionalisieren, zieht den Zuschauer aber gerade durch die Sachlichkeit und den genauen, fast dokumentarischen Blick in die Befindlichkeit seines Protagonisten. Jede Einstellung und jeder Schnitt sind hier überlegt gewählt und auch die Konsequenz, mit der sich Motive wie das Atmen oder auch die Zugfahrten zwischen Gefängnis und Arbeitsstelle durch den Film ziehen, verleihen „Atmen“ große Dichte und machen diese Studie zu einem Debüt von seltener Reife.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 25.4., 20 Uhr; Fr 27.4., 22 Uhr


The Iron Lady – Die Eiserne Lady: Biopics sind bei Schauspielern sehr beliebt. Gute Preis-, im speziellen Oscar-Chancen hat man, wenn man sich die porträtierte Person ganz einverleibt, ihre Gesten, ihren Gang, ihre Blicke und den Sprachduktus trifft. Dass man auch physiognomisch der realen Figur möglichst entspricht, ist dagegen Aufgabe der Maskenbildner. Aufgegangen ist diese Rechnung auch bei Phyllida Lloyds Film über Margaret Thatcher, wurden doch Meryl Streep für ihre Darstellung der „Eisernen Lady“ und das beste Make-up mit den begehrten Goldstatuetten ausgezeichnet.
Diese Auszeichnungen hat sich der Film bzw. Streep auch redlich verdient, den Rest kann man aber getrost vergessen. Vom Ende her aufs Leben zurückblicken zu lassen ist zwar eine beliebte Erzählstrategie, hier scheint aber Lloyd die Demenz der alten Misses Thatcher zu nützen, um konfus von Szene zu Szene zu springen. Hinter der Protagonistin muss alles zurücktreten, gezeigt werden soll vor allem, wie eine Frau in einer Männerwelt ihren Weg gegangen ist.
Alle wichtigen Momente im Leben der frühen britischen Premierministerin werden dabei zwar angerissen, aber nichts wird vertieft, keine Hintergründe beleuchtet. Dass Thatcher auch im Zentrum der Kritik stand, kann der Film nicht verschweigen, doch letztlich ist er entschieden hagiographisch, feiert seine Protagonistin, degradiert die Gegner zu kurzsichtigen Ignoranten angesichts der Entschlossenheit mit der hier eine Frau, ganz in der väterlichen Aufforderung „Gehe deinen eigenen Weg“ aufgeht. In seiner Einseitigkeit ist dieser Film aber verlogen und prägt damit weltweit beim Kinopublikum ein falsches Bild von Margaret Thatcher.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 26.4., 20 Uhr; Sa 28.4., 22 Uhr