Aktuell in den Filmclubs (15.6. - 21.6. 2018)
Das TasKino Feldkirch zeigt diese Woche das bewegende schwedische Coming-of-Age-Drama „Sameblod – Das Mädchen aus dem Norden“, in dem Amanda Kernell von der Diskriminierung der Samen in den 1930er Jahren erzählt. Beim FKC Dornbirn steht dagegen das meisterhafte russische Familiendrama „Loveless“ auf dem Programm.
Sameblod – Das Mädchen aus dem Norden: Amanda Kernell erzählt in ihrem Spielfilmdebüt am Schicksal einer 14-jährigen Samin zutiefst bewegend von der Demütigung dieser Volksgruppe im Schweden der 1930er Jahre. Wie Zirkustiere werden die samischen Schüler im Internat vorgeführt, die Verwendung der eigenen Sprache wird ihnen verboten, ihr Körper wie im NS-Rassenwahn vermessen. Nicht verwundern kann es, dass Elle Marija angesichts dieser Schikanen ihre Identität zunehmend verleugnet, sich als Schwedin ausgibt und in den Süden des Landes flüchtet.
Leise, aber erschütternd erinnert Kernell gerade durch die Konzentration auf die von Cecilia Sparrok großartig gespielten Protagonistin an diesen weitgehend vergessenen schwedischen Rassismus. Gleichzeitig erzählt sie aber auch bewegend von diesem Befreiungsversuch Elle Marjas und dem Preis, den sie für diesen Bruch mit ihren Wurzeln und die bedingungslose Anpassung an den schwedischen Lebensstil zahlen muss.
Immer wieder macht die 32-jährige Regisseurin, die selbst Tochter eines Samen und einer Schwedin ist, in langen Einstellungen die Einsamkeit dieses Teenagers erfahrbar. Viel Zeit lässt sie auch der in jeder Szene präsenten Sparrok, die Gefühle der jungen Samin ohne viele Worte einfühlsam zu vermitteln. Gerade durch diese ruhige Erzählweise entwickelt diese Coming-of-Age-Geschichte eine Tiefe und emotionale Kraft, die dafür sorgen, dass man dieses fiktive Schicksal und damit auch das der schwedischen Samen insgesamt nicht so schnell vergessen wird.
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Mo 18.6., 18 Uhr; Di 19.6., 20.30 Uhr; Mi 20.6., 18 Uhr; Do 21.6., 20.30 Uhr
Loveless: Ein Paar lässt sich scheiden, doch während sonst meist um das Sorgerecht für das Kind gekämpft wird, will es hier jeder am liebsten abschieben. Erst als die Lehrerin sich bei der Mutter nach dem Jungen erkundigt, da er in der Schule mehrere Tage gefehlt hat, fällt so auch auf, dass Aljoscha verschwunden ist. Zwangsläufig muss die Frau ihren Noch-Mann kontaktieren und die Polizei wird eingeschaltet, zeigt aber wenig Interesse der Sache nachzugehen, verweist die Eltern vielmehr an einen privaten Suchdienst.
Einen Einschlag in Richtung Thriller nimmt „Loveless“ mit dieser Suche, doch dient sie Andrej Swjaginzew vor allem, um weiter die Selbstsucht und Verlorenheit seiner Protagonisten und ihres Umfelds auszuloten.
Eine einfache und im Grunde auch einfach erzählte Geschichte ist das, aber die Konsequenz und die Unerbittlichkeit, mit der sie der 54-jährige Russe („Leviathan“) entwickelt, und wie er über Details wie TV-Nachrichten oder beiläufige Blicke auf Figuren, denen das Paar zufällig begegnet, diese private Geschichte in einen gesellschaftlichen und historischen Kontext einbettet, macht „Loveless“ zu einem großen Spiegelbild und einer vernichtenden Anklage der heutigen russischen Mittelschicht, ihrer Selbstsucht und ihres Materialismus.
Ein kalter und pessimistischer Film ist dieses in kalte Winterfarben und Winterlicht getauchte Drama, gleichzeitig freilich auch ein zutiefst moralischer, wenn über all dieser Gehässigkeit der Figuren stets das tiefe Mitgefühl des Regisseurs mit dem schwachen und auf Schutz angewiesenen Kind, das hier eben keinen Schutz findet, spürbar ist.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 20.6., 18 Uhr + Do 21.6., 19.30 Uhr