"Mit einem Tiger schlafen": Anja Salomonowitz‘ Spielfilm über die Künstlerin Maria Lassnig derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: Stadtkino Wien Filmverleih)
Silvia Thurner · 05. Mai 2024 · Musik

Faszinierende Begegnung von Klang&Raum in der Juppenwerkstatt

Inspirierende Matinee mit Kammermusik und aufschlussreichem Gespräch

Die Konzertreihe Klang&Raum bringt die Musik ins Dorf und an ganz spezielle Orte. In die Juppenwerkstatt nach Riefensberg luden Angelika Gallez (Flöte), Bianca Riesner (Violoncello), Heidrun Wirth-Metzler (Fagott) und Martin Gallez (Hammerklavier) zum Abschluss der Saison. Die Nähwerkstatt bot ein hervorragendes Ambiente für die Werke von Helene Liebmann, W.A. Mozart, A. Rasetti und F. Schubert. Der freundschaftliche Kontakt zwischen den Musiker:innen und den Zuhörenden ließ sofort den Funken überspringen und im spannenden Gespräch mit Maria Rose Steurer-Lang war viel über die Juppe und die Sozialgeschichte zu erfahren.

Wie bei jedem Konzert hatten die Musiker:innen Raritäten im Gepäck, die die Ohren spitzen ließen und Freude bereiteten. Gleich zu Beginn musizierten Bianca Riesner und Martin Gallez die Binnensätze aus der Grand Sonate in B-Dur, op. 10 der deutschen Komponistin Helene Liebmann. Mit ihrem fein aufeinander abgestimmten Spiel machten die Cellistin und der Pianist erlebbar, welche Qualitäten das Musizieren auf Originalinstrumenten hat. Die melodischen Linien phrasierten sie sehr auf den musikalischen Sprachcharakter bezogen. In einem schönen Geben und Nehmen fand eine anregende Kommunikation statt und die obertonreichen Klänge sowie die unterschiedlichen Tonartencharaktere entfalteten eine große Wirkung.
In der Sonate in B-Dur (KV 292) für Fagott und Violoncello von Wolfgang Amadeus Mozart brillierte Heidrun Wirth-Metzler mit ihrer eleganten und virtuosen Spielart, ebenfalls auf einem historischen Fagott-Nachbau. Die Themen erklangen schwungvoll in den Ecksätzen und im Rondo gespickt mit viel Humor. Das lyrische Andante zelebrierten die Musikerinnen in einem sensiblen Austausch miteinander, in dem sie unter anderem die Leittonwirkungen voll auskosteten.
Kompositionen des italienischen Komponisten Amédée Rasetti passen hervorragend in die Programme von Klang&Raum. Die temperamentvollen Themenführungen und die theatralischen Gesten zeichneten auch das Trio in F-Dur, op. 13/1 für Flöte, Fagott und Klavier aus. Naturhafte Stimmungen und virtuose Passagen breitete Martin Gallez am Hammerklavier mit perlendem Anschlag aus. Mit ihren Melodielinien und motivischen Gesten umgarnten sich Angelika Gallez an der Traversflöte und Heidrun Wirth-Metzler am Fagott und alle drei forderten sich mit viel Esprit und einem lebhaften Austausch gegenseitig heraus.
Im Quartett erklang zum Schluss das Thema mitsamt Variationen über „Mädchen, o schlumm're noch nicht“ aus dem Gitarrenquartett von Franz Schubert. Martin Gallez hat davon ein luftig feines Arrangement geschaffen, das virtuose Cellopassagen beinhaltete.

Auskunftsreiche Hintergründe

Bianca Riesner führte mit der stellvertretenden Leiterin der Juppenwerkstatt, Maria Rose Steurer-Lang, ein inspirierendes Gespräch mit klugen Fragen. So war viel Interessantes über die Juppe zu erfahren und die Ausführungen wurden von der noblen Juppenträgerin Doris Kranzelbinder, Obfrau des Vereins der Juppenwerkstatt, veranschaulicht.
Die Juppe hat sich aus dem frühmittelalterlichen Trägergewand entwickelt. Der gefältelte Stoff war stets ein Zeichen des Wohlstands. Dass sich die Juppenträgerinnen nicht vom Diktat des Korsetttragens zuschnüren ließen und dadurch „frei atmen und denken konnten“, erklärte die Kunsthistorikerin Maria Rose Steurer-Lang informativ und amüsant. Sie berichtete auch über die christliche Symbolik auf dem Schappele und der Spitzkappe. Weiters erzählte sie, dass die weiße Juppe, die durch die Alma-Werbung bekannt geworden ist, lediglich ein Kostüm gewesen sei, das im Laufe der Zeit „wahrgelogen“ worden ist. Die Juppe müsse sich wandeln und mit der Zeit gehen, betonte Maria Rose Steurer-Lang, sonst sterbe sie. Viel Anklang bei jungen Frauen finden die neu entworfenen, transparenten Juppenärmel.
Die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO in Österreich zählt inzwischen 147 Traditionen. Die Herstellung der Bregenzerwälder Juppe zählt seit November 2021 dazu.

https://www.klangundraum.at/
https://www.juppenwerkstatt.at/