Erfrischende Musikerlebnisse im ehemaligen Bahnhof an der Bregenzerach
Klang & Raum weckte mit seinem Grenzgang in Bozenau Begeisterung
Im Rahmen ihrer Konzertreihe „Klang & Raum“ bespielen Angelika Gallez (Traversflöte), Bianca Riesner (Violoncello), Heidrun Wirth-Metzler (Fagott) und Martin Gallez (Hammerklavier) in dieser Saison wieder außergewöhnliche Orte mit erlesenen Konzertprogrammen und interessanten Gesprächspartnern. Im ehemaligen Bahnhof Doren in Bozenau versetzten sie die zahlreichen Konzertbesucher:innen in Staunen. Energiegeladen präsentierten sie gemeinsam mit den beiden befreundeten Musikerinnen Claudia Delago-Norz (Violine) und Ursula Kortschak (Viola) Werke von Komponisten des 18. Jahrhunderts, wie F. V. Krommer, F. Devienne oder K. J. Toeschi. Zu ihren Lebzeiten hochverehrt, sind die Werke heute weitgehend vergessen. Den ehemaligen Bahnhof des Wälderbähnles hat der Architekt und Künstler Edgar Höscheler entrümpelt, ausgehöhlt und stilvoll renoviert. Im Gespräch erzählte er von seiner besonderen Beziehung zum Wasser, zu Flusslandschaften und seinen Arbeiten.
Die Kompositionen, die die Musiker:innen bei ihren Konzerten vorstellen, sind stets Raritäten. So zogen auch beim Konzert in Bozenau unter anderem Quartettkompositionen von Franz Vinzenz Krommer und François Devienne sowie ein Quintett von Karl Joseph Toeschi die Aufmerksamkeit auf sich.
Die virtuos agierenden Solistinnen Heidrun Wirth-Metzler am Fagott sowie Angelika Gallez an der Traversflöte standen im Mittelpunkt. Bereits mit dem ersten Werk wurden die Sinne geöffnet. Mit atemberaubender Spieltechnik und ausdrucksstark in der Themenführung bereitete die Interpretation des Quartetts, op. 46/1 von Franz Vinzenz Krommer mit Heidrun Wirth-Metzler, Claudia Delago-Norz, Ursula Kortschak und Bianca Riesner ein großes Hörvergnügen.
Der österreichisch-böhmische Komponist Franz Vinzenz Krommer war ein Zeitgenosse Haydns und Mozarts. Zu seinen Lebzeiten wurden seine Werke viel beachtet und häufig gespielt. Heute finden sich nur mehr wenige auf Konzertprogrammen, lediglich Krommers Klarinettenkonzert ist relativ bekannt.
Aus dem französischen Kulturkreis stammt das Quartett Op. 66/1 von François Devienne. Hier begeisterte Angelika Gallez als virtuose Solistin und Kammermusikpartnerin an der Traversflöte. Die im Vergleich zu Krommer chromatischer angelegten Linienführungen und die zahlreichen Stimmungsumschwünge formten die Musikerinnen facettenreich und spannend. Aufhorchen ließen besonders die Unterschiede zwischen den österreichischen-böhmischen und den französischen kompositionsgeschichtlichen Traditionslinien.
Der Raum im ehemaligen Bahnhof des Wälderbähnles eignete sich nicht nur optisch, sondern auch akustisch hervorragend als Konzertsaal. Sehr transparent entfalteten sich die obertonreichen und warmen Klangfarben der Instrumente. Auf den Wetterumschwung mit Temperatursturz sowie die hohe Luftfeuchtigkeit reagierten die Instrumente zwar etwas empfindlich, doch gerade diese Launen verliehen allen Werkdeutungen einen sympathischen und lebendigen Ausdruck.
Besondere Aufmerksamkeit lenkte das Allegro grazioso aus dem Quintett op. 3/6 von Karl Joseph Toeschi auf sich. Auch er war ein Zeitgenosse von Haydn und Mozart und zu seinen Lebzeiten höchst erfolgreich. Seine Werke im Stil der Mannheimer Schule wurden viel gespielt, doch nach seinem Tod geriet der Komponist rasch in Vergessenheit.
In diesem Satz übernahmen die Violine und die Flöte die Stimmführung, hervorragend flankiert und unterstützt vom Fagott, dem Cello und der Bratsche. Mit viel Kommunikation untereinander entfalteten die Musikerinnen einen Tanzsatz, der einesteils durch seine empfindsame Leichtigkeit bestach und andererseits eine robuste volksmusikalische Freude vermittelte.
Joseph Haydns Barytontrio (Hob. XI:44) für Violine, Viola und Violoncello sowie die Romanze aus dem Duo op. 27/2 von Carl Stamitz für Flöte und Fagott rundeten das Programm feinsinnig ab.
Musik und Gespräch im Einklang miteinander
Neben den mitreißend agierenden Musikerinnen trug auch das anregende Gespräch zwischen Martin Gallez und Edgar Höscheler viel zur guten Atmosphäre der Matinee bei. Der Architekt und Künstler erzählte von seiner Kindheit sowie seiner Liebe zu Flusslandschaften und zum Wasser. Er erinnerte an die Renovierungsarbeiten des Bahnhofs in Doren, der immer schon ein Begegnungsort war und es bis heute geblieben ist, und weckte bei vielen Konzertbesucher:innen nostalgische Erinnerungen an Fahrten mit dem Wälderbähnle. Schade, dass sich Edgar Höscheler so bescheiden zurücknahm und im Bahnhof keines seiner einzigartigen Kunstwerke zeigte.