Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Silvia Thurner · 25. Mär 2023 · Musik

Emotionale Kammermusik in der Villa Grünau

Der schöne Saal in der Kennelbacher Villa Grünau bot einen stimmigen Rahmen für ein Kammerkonzert des Trios Opus 11. Die Flötistin Miriam Terragni, der Cellist Martin Merker und die Pianistin Anna Adamik widmeten sich Werken aus der Feder von Komponistinnen. Geschichten über Mel Bonis, Hélène Liebmann, Rita Strohl, Emilie Mayer und Fanny Hensel-Mendelssohn boten Einblicke in künstlerisch beschwerliche Lebenswege. Dennoch oder gerade deswegen fanden die Komponistinnen in ihren Werken oft ihre ureigene und ausdrucksstarke Tonsprache. Dies war in den Werkdeutungen eindrücklich zu erleben. Die Musiker:innen interpretierten alle Kompositionen in einem kommunikativen Austausch miteinander und stellten sich ganz in den Dienst der teils voluminösen klanglichen Strahlkraft der Musik.

 Sogleich die erste Darbietung, zwei Teile aus der „Suite orientale“ der französischen Komponistin Mel Bonis, ließ aufhorchen. Das ursprünglich für Klaviertrio komponierte Werk spielten Miriam Terragni, Martin Merker und Anna Adamik mit viel Bedacht auf einen abgerundeten, feinsinnigen Gesamtklang zwischen Flöte, Violoncello und Klavier. So wirkte das einleitende Prelude als Lamento mit einem nach vorne strebenden Energiefluss. Den Danse d’Almées artikulierten die Musiker:innen prägnant und brachten damit das orientalische Kolorit und den Bolero im Mittelteil hervorragend zur Geltung.
Auch zwei Duette für Violoncello und Klavier standen auf dem Programm. Die Cellosonate op. 11 von Hélène Liebmann war eine Gratwanderung zwischen einer Hommage an W.A. Mozart und einer Stilkopie. Besonders der erste Satz beinhaltete zahlreiche Allusionen an Mozart, doch allmählich nahm der kompositorische Ausdruck individuelle Züge an. Der liedhafte Mittelteil erklang in einem feinen Geben und Nehmen. Schlicht, fast ohne Vibrato und mit besonderer Betonung der Leittöne spielte Martin Merker die melodischen Linien. Die Variationen über das Thema „Là ci darem la mano“ aus Mozarts „Don Giovanni“ verströmte viel Esprit. Besonders die offenkundige Freude an den virtuosen Passagen und überraschenden Wendungen mit kontrastreichen Anverwandlungen boten eine hervorragende Unterhaltung.
„Solitude“ der französischen Komponisten Rita Strohl entfalteten Anna Adamik und Martin Werker entspannt. Nach einer sich wirkungsvoll aufbäumenden Passage ließen sie den musikalischen Fluss in einem morendo poesievoll verklingen.

Musik von Frauen in die Öffentlichkeit tragen

Die Schweizer Flötistin Miriam Terragni legt seit Jahren mit ihrem Projekt „Trouvez les femmes!“ ein Augenmerk auf Werke von Komponistinnen, die in Archiven vergessen worden sind. In der Villa Grünau zog sie mit ihrer temperamentvollen und sympathischen Ausstrahlung die Aufmerksamkeit unter anderem mit einer Sonate der deutschen Komponistin Emilie Mayer auf sich. 150 Jahre lang sei das Werk unbeachtet in einem Berliner Archiv gelegen, erzählte die Musikerin. Die Flötistin editierte die Noten und bearbeitete das ursprünglich für Violine und Klavier entstandene Duett. Im Eröffnungssatz erklangen die rhapsodischen Abschnitte in einer gut nachvollziehbaren Zwiesprache zwischen dem Flöten- und dem Klavierpart. Den Höhepunkt bildete das humorvoll ausgestaltete Scherzo. Virtuos und mit einem großen Aufforderungscharakter spielten Miriam Terragni und Anna Adamik das romantisch bewegte Finale und evozierten mit kraftvollen Tonkaskaden naturhafte Bilder.
Einen befremdlichen Eindruck hinterließ die ‚versuchte‘ Darbietung des „Notturno“ von Emilie Mayer. Die gedruckten und die im iPad gespeicherten Noten schienen nicht kompatibel. Warum sich dies erst bei der Aufführung herausstellte, blieb eine offene Frage.
Zum Schluss stellte das Trio Opus 11 zwei Sätze aus dem Klaviertrio, op. 11 von Fanny Hensel-Mendelssohn in einer Bearbeitung für Flöte, Violoncello und Klavier in den Raum. Im Lied fanden die Musiker:innen zu einer feinsinnigen Klangbalance und im Finale trumpften sie mit raumgreifenden, aufgewühlten Themen und Motiven virtuos auf.