Eine heitere Poetry Slam Session im TAK-Foyer
Im TAK-Foyer kämpften am Freitagabend sechs Slam-Poet:innen um die Gunst des Publikums. Zu gewinnen gab es einen Auftritt auf der renommierten Buch Wien und einen Platz bei der deutschsprachigen Poetry-Slam-Meister:innenschaft in Bielefeld. Nach Wien geschafft hat es Gregor Biberacher aus Freiburg im Breisgau, in Bielefeld wird Adina Wilcke aus Wien teilnehmen. Die Veranstaltung fand in Zusammenarbeit mit Ländle Slam statt.
Seit 2016 sind die deutschsprachigen Poetry Slams Teil des immateriellen Kulturerbes der UNESCO. Sie gelten als das beliebteste Literaturformat unter Jugendlichen. Die Poet:innen performen ihre selbstgeschriebenen Texte, das Publikum entscheidet über Finalist:innen und Sieger:innen. Dabei ist es den Slammer:innen freigestellt, was sie performen – Poetry Slam lebt von der Vielfalt der Texte und Darbietungen.
An diesem Abend durfte jeder gelesene Text nur sechs Minuten lang sein, davon durften maximal 50 Prozent gesungen werden. Andere Medien als die eigene Stimme waren nicht erlaubt. Das Moderatoren-Duo Samuel Basil Rhomberg und Dominik Brugger bestimmten fünf Personen im Publikum als Jury. Bei einem ersten Durchgang wurden Noten von sieben bis zehn vergeben, wobei nach Abgabe jeweils die höchste und die tiefste Punktzahl gestrichen wurde. Die drei mit den höchsten Noten durften ins Finale einziehen, bei dem ein neuer Text gelesen werden musste.
Von der Poesie bis zur Glosse
Als erstes performte Gregor Biberacher aus Freiburg im Breisgau seinen Text „Goethe ist tot“, eine Liebeserklärung an die Bühne, das Schicksal und das Publikum. Der „Universaldilettant“, wie er sich selbst mit einem Schmunzeln nannte, liebte es theatralisch, er spielte seinen Text, als wäre es ein Hip-Hop Song. Für seine lebhafte Vortragsweise bekam er 27 Punkte. Da hatte es die 15-jährige Schülerin Juli Pfefferkorn-Mousa aus Feldkirch nicht einfach mit ihrem berührenden Text. „Wir sehen ein, dass von Angesicht zu Angesicht das Angesicht eine Maske ist“, las sie in einem atemberaubenden Tempo, was das Zuhören bisweilen etwas erschwerte. Sie erhielt 25 Punkte.
Ihr folgte die 44-jährige Nadine Bösch aus Rankweil mit ihrem Text über Verletzung und Frustration, in dem es hieß: „Die Hoffnung auf Normalität erlischt wie ausgeblasene Kerzen“. Es war ein Schlagabtausch mit ihrer Innenwelt, in der die Zeit nicht alle Wunden heilt, sondern vereint. Sie erzielte 26 Punkte. Nach ihr las die Bündnerin Piera Cadruvi, die in St. Gallen lebt. Sie ist bekannt für ihre feministischen Texte, in denen sie Rollenbilder hinterfragt. So hieß es bei ihr: „Roland, es tut mir furchtbar leid, dass ich nicht deinen Vorstellungen entspreche“, und dazu schilderte sie mit nahezu diebischer Freude ihren Damenbart. Dafür gab es 21 Punkte.
Adina Wilcke aus Wien las einen feinfühligen Text über den Menschenhandel, wobei sie die Sicht eines betroffenen Mädchens einnahm. Mit ihrer freien Vortragsweise schien sie den Text zu rappen und so meinte sie am Schluss: „Der Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch und das ist nicht verhandelbar“. Sie erhielt 26 Punkte.
Der letzte im Bunde war Pierre Lippuner aus St. Gallen, der seit 15 Jahren in der Slam-Szene aktiv ist. Sein heiterer Text über die Esoterik-Szene und die „post life regression“, bei der man sein eigener Urahn werden kann, bekam 26 Punkte. Somit ergaben sich für das Finale einmal 27 Punkte und dreimal 26 Punkte.
Und dann ins Finale mit neuen Texten
Die letzten waren denn auch die ersten, die nach einer Pause im Finale lasen. So startete Pierre Lippuner mit einem Inseratetext aus ostjob.ch, den er kritisch unter die Lupe nahm. Was heißt das, wenn eine Firma sich als Familie präsentiert: „We are family“? Und darf er dann sagen, dass er schon lange eine Vaterfigur suche? Im Grunde sei aber doch alles das Gleiche, ob Familie oder Firma, überall herrsche eine klare vertikale Hierarchie und finanzielle Abhängigkeit. Er bekam 24 Punkte.
Adina Wilcke spielte ihren Text „Lass uns reden“ vor, in dem sie eine ungewollte Schwangerschaft beschreibt und alle damit verbundenen Ängste thematisiert. Und keiner redet darüber. Aufgewacht in der Realität hat sie tausend Fragen, die sie quälen. „Ich muss darüber reden“, rief sie ins Publikum und: „So sag doch, sag doch einer was!“. Für ihre eindrückliche Performance erhielt sie 27 Punkte.
Nadine Bösch las einen sehr persönlichen Text von einem Wolf, der in einer Bärenfamilie aufwächst. „In unserer Welt gibt es so viele einsame Wölfe“, meinte sie. Eine wunderbare Allegorie, in der sie auch das Thema Depression thematisierte. Sie machte daraus eine Collage: Die De-Press-Ion. Dafür gab es 26 Punkte
Der Punktesieger der Vorrunde, Gregor Biberacher spielte seinen Text „Fong, Fong, Fong“. Ein tiefsinniger Nonsens. Und wieder war es eine Lust, ihm bei seiner Performance zuzuschauen, bei der er auch spielerisch das Publikum einbezog. Sich selbst beschrieb er diesmal als „Kreativitäts-Chamäleon“. Für seine vielen „Seelenvibrationen“ gab es 30 Punkte. Und damit war er der Sieger des Abends.