Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Peter Füssl · 12. Sep 2022 · CD-Tipp

Jazz At Berlin Philharmonic XII: Sketches of Miles

Der 1985 in Florida geborene Theo Croker, der wie sein legendärer Großvater Doc Cheatham Trompete spielt, singt und komponiert, hat sich mit bislang sieben Alben im Spannungsfeld von Hard Bop, Fusion, R’n’B und Hip-Hop eine stetig wachsende Fanbase erspielt. Der Trompeter ist tief in die Geschichte der Black Music eingetaucht und legt großen Wert auf einen respektvollen Umgang mit den musikalischen Vorfahren und Meistern, freilich ohne in überkommenen Traditionen zu erstarren.

Das macht Croker natürlich zur Idealbesetzung für die von ACT-Label-Chef Siggi Loch kuratierte, groß angelegte Hommage zum 30. Todestag von Miles Davis im Rahmen der stets hochkarätig besetzten Reihe „Jazz at Berlin Philharmonic“. Der hatte bekanntlich, als er am 28. September 1991 mit gerade einmal 65 Jahren verstarb, bereits 45 Jahre Jazz-Geschichte ganz maßgeblich (mit-)geschrieben – vom Bebop über Cool Jazz und Hard-Bop bis hin zu Jazz-Rock und Fusion-Jazz. Hier werden nun geschickt Stücke aus wichtigen Alben der 1950-er Jahre („Cookin‘“, „Miles Ahead“, „Milestones“, „Kind of Blue“, „Sketches of Spain“, „Porgy and Bess“) mit solchen aus der zweiten Hälfte der 1960-er Jahre kombiniert, die nicht zuletzt auch durch Wayne Shorter-Kompositionen wie „Pinocchio“ oder „Footprints“ geprägt waren. Somit werden die spannendsten Phasen vom Eintauchen Miles Davis‘ in den Modalen Jazz, seiner Zusammenarbeit mit dem kongenialen Gil Evans und seines epochalen zweiten Quintetts abgedeckt. Im ersten Teil des Abends taucht Croker im Quartett-Format mit Pianist Danny Grissett, Kontrabassist Joshua Ginsberg und Drummer Gregory Hutchinson mit großer Sensibilität, aber auch spürbarem Respekt in die vielfältigen musikalischen Welten des zu ehrenden Großmeisters ein – bei „So What“ verstärkt durch Magnus Lindgren am Tenorsaxophon. Der in großorchestralen Crossover-Projekten durchaus erfahrene Schwede dirigierte dann auch eine fünfzehnköpfige Abordnung der Berliner Philharmoniker, die gemeinsam mit dem Theo Croker Quartet auf den legendären Alben „Miles Ahead“, „Sketches of Spain“ und „Porgy and Bess“ basierende Suiten und den Klassiker „All Blues“ interpretierten. Ein höchst angenehmes „Wiederhören“ von zahlreichen, in vielschichtige und farbenreiche Soundwelten getauchten Davis-Klassikern, die den eigentlichen Reiz dieser außergewöhnlichen Hommage an den genialen Visionär und Vordenker ausmachen.

(ACT)