Charles Lloyd Trios: Chapel
Lloyd und Frisell kennen sich ja bestens vom Band-Projekt The Marvels her, mit dem sie bereits drei Alben veröffentlichten. Frisell wiederum hat mehrfach mit Morgan aufgenommen, unter anderem die großartigen Duo-Alben „Small Town“ und „Epistrophy“. Die Band-Chemie passt also von vornherein perfekt, was dann im völlig entspannten und subtil aufeinander eingehenden, gemeinsamen Improvisieren hörbar wird, das den Akteuren wohl gleich viel Spaß machte wie nun den Zuhörer:innen. Charles Lloyds Improvisationen auf Tenorsax und Flöte strahlen naturgemäß eine gewisse Abgeklärtheit aus, vermögen aber nicht nur ungemein zu berühren, sondern auch immer noch zu überraschen. Und sie harmonieren perfekt mit Bill Frisells unverkennbarem Saitenzauber, der – hier einmal weniger Americana-infiziert als in seinen eigenen Produktionen – viel Raum zur solistischen Entfaltung erhält, zumal die einzelnen Stücke zwischen sieben und zwölf Minuten lang sind. Thomas Morgan hat ebenso seine großen Momente, besticht aber vor allem mit der geschmackvollen Art und Weise, wie er den Raum zwischen Frisell und Lloyd dezent, aber höchst effektiv verdichtet. Lloyd ist ein großer Meister des Recyclings, die meisten Stücke hat er in ganz anderen musikalischen Konstellationen schon einmal veröffentlicht: Den Strayhorn-Klassiker „Blood Count“ und seine Eigenkomposition „Beyond Darkness“ vor zwanzig Jahren im Album „Lift Every Voice“, „Ay Amor“ des kubanischen Crooners Bola de Nieve letztes Jahr in „Tone Poems“ und seinen „Song My Lady Sings“ gar schon 1964 mit dem Cannonball Adderley Quintet. Das macht nebenbei auch spannende Vergleiche möglich, wobei die vorliegenden Trio-Improvisationen in ihrer kreativen Unaufgeregtheit, warmherzigen Coolness und virtuosen Uneitelkeit bestens abschneiden.
(Blue Note/Universal)