Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Peter Füssl · 30. Okt 2013 · CD-Tipp

Anna Calvi: One Breath

Nach ihrem viel beachteten vor zwei Jahren erschienenen Debut legt die 33-jährige Londonerin Anna Calvi nun das faszinierend vielschichtige Album „One Breath“ vor, ein düsteres Werk über Depressionen und Finsternis: „But darkness grows and, oh, a never-ending night“.

Die elf Titel ergeben zusammen ein knapp vierzigminütiges Gesamtkunstwerk, das auf Vielschichtigkeit und Überraschungseffekte baut, die manchmal wirklich umwerfend sind. Da vereinen sich zarte Engelsgesänge mit aggressiven Gitarren, hinter sanften Streichern drohen dissonante Abgründe, Schönheit endet im Fiasko und Bedrohliches löst sich - aber eben nur fast – in Wohlgefallen auf, dem immer noch ein letztes Quäntchen Disharmonie anhaftet. Ein paar fragile Worte haucht Calvi in den Äther, um sich unvermittelt in hochdramatische Gefilde empor zu steigern, die explosionsartig verpuffen oder im kakophonischen Wahnsinn enden. „One Breath“ ist ein permanentes Wechselbad der Gefühle, ein unglaublich intensives musikalisches Erlebnis, das gerade durch seine partiellen Unzulänglichkeiten und Unzugänglichkeiten eher noch an Reiz gewinnt. Anna Calvi hat in diesen vierzig Minuten mehr musikalische Ideen verbraten als manche Musiker in ihrem gesamten Lebenswerk. Grausamkeit und Schönheit auf engstem Raum – ein spannendes und verstörendes Meisterwerk.
(Domino Recording Co.)