Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Peter Füssl · 13. Mär 2017 · CD-Tipp

Aki Takase / David Murray: Cherry – Sakura

Die famose Zusammenarbeit der in Japan geborenen, in New York bekannt gewordenen und mittlerweile seit dreißig Jahren in Berlin ansässigen Pianistin Aki Takase mit dem seit den 1990er Jahren in Paris lebenden amerikanischen Saxophonisten und Bassklarinettisten David Murray reicht ins Jahr 1993 zurück, als die beiden ihre großartige Hommage an Thelonious Monk „Blue Monk“ veröffentlichten. Auch ihre weit weniger bekannte, 2002 im Münchner Lustspielhaus aufgenommene Live-CD „Valencia“ schlägt in dieselbe Kerbe, und auf dem nun vorliegenden Silberling findet sich mit der Monk-Komposition „Let’s Cool One“ wieder ein direkter Verweis auf den verehrten Großmeister.

Dieses Stück setzt in seiner witzigen Unbeschwertheit mit knarzender Bassklarinette über Stride-geschwängerten Pianoläufen allerdings eine Art Kontrapunkt zu den zumeist doch ernsthafter wirkenden Kompositionen der beiden Ausnahmemusiker, die vor allem in ihren hohen Ansprüchen an einen avantgardistisch-kreativen Umgang mit der Jazztradition übereinstimmen. Takase steuert vier Eigenkompositionen bei. Im auf eine Kurzgeschichte Ango Sakaguchis zurückgehenden, fast 10-minütigen, melancholisch-nachdenklichen Titelstück „Cherry - Sakura“ über die Vergänglichkeit, am Beispiel von Kirschblüten in einem Zauberwald, präsentieren die beiden ein breites Spektrum an Stimmungen und Emotionen – durchsetzt mit spannenden, die ganze Bandbreite der erfahrenen Musiker aufzeigenden Solo-Exkursionen. Das eingängige „Nobuko“ widmet Takase ihrer kürzlich verstorbenen Mutter, „A Very Long Letter“ entpuppt sich als kraftvolle Tour de Force und beim „Blues for David“ scheint Mingus mal kurz um die Ecke zu schauen. David Murrays drei Beiträge könnten unterschiedlicher kaum sein: Mit der melancholischen Ballade „To A. P. Kern“ kramt er tief in der Gefühlskiste, während es bei „Stressology“ titelgemäß flott und instrumentaltechnisch sehr herausfordernd zur Sache geht. Sein abschließender „A Long March to Freedom“ pendelt ebenso zwischen Melancholie und kraftvollen Ausbrüchen, wie zwischen Tradition und Erneuerung – ein starkes Statement als Abschluss eines eindrucksvollen musikalischen Dialoges.

(Intakt)