Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Karlheinz Pichler · 23. Aug 2016 · Ausstellung

Zeichen an der Wand als Zeichen der Zeit – Fotografien von Nikolaus Walter in Thüringerberg

Der in Feldkirch lebende und arbeitende Fotograf Nikolaus Walter ist neben Fotoreportagen vor allem mit langfristigen dokumentarischen Projekten und Themen, die er immer wieder „en passant“ aufgriff und pflegte, bekannt geworden. Was ihn immer wieder anzieht sind beispielsweise auch Graffitis und textuelle Zeichen, die Mauern und öffentlichen Wänden und Fassaden eingeschrieben sind. Eine Auswahl davon ist derzeit unter dem Titel „Menetekel - Wandzeichen“ im Rahmen des Walserherbstes in der Alten Frächterei Burtscher in Thüringerberg zu sehen.

Nikolaus Walter hatte immer schon ein ausgeprägtes Gespür für Geschichten, die beiläufig geschehen und erst bei genauem Hinsehen ins Auge stechen. Wenn er etwa auf Reisen in Ländern wie Nicaragua, USA, Kanada, Indien, Neufundland, Neuseeland, Großbritannien, Skandinavien oder Portugal und anderen war, so interessierten ihn nie die schönen Seiten, das Postkartenhafte dieser Staaten, sondern vielmehr die Orte, Verhältnisse und sozialen Abläufe, die das Skurille, Randständige, Unprätentiöse, das gern Übersehene im Alltag hervorkehren. Und stets ist der Bezug zum Menschen respektive dem Zwischenmenschlichen gegeben. Die Spuren und mitunter kuriosen Setzungen, die im Alltäglichen verborgen liegen, und die Abdrücke, die die Menschen am Rande der Gesellschaft hinterlassen, sind es, die er mit seiner Kamera fokussiert. Vordergründig Banales wie etwa Köpfe von Frauen, Männern und Kindern von hinten, oder vor der Öffentlichkeit Verborgenes wie die Arbeitswelten in Fabriken, oder Außenseiter der Gesellschaft in ihren speziellen Umgebungen, oder auch simple Zeichen und Beschriftungen auf Mauerwerken oder Fassaden, - das sind die Stoffe, die ihn über Jahrzehnte hinweg immer wieder angezogen haben.

"Das Leben ist voll von unglaublichen Dingen!"


Für Walter ist das Leben „voll mit unglaublichen Dingen.“ Er sammelt diese fotografisch und archiviert sie penibel in seinem Archiv. Zeichen an der Wand sind für ihn Zeichen der Zeit, wie er selber betont. „Menetekel“, wie der Ausstellungstitel zu den Wandzeichen in Thüringerberg lautet, ist vielleicht nicht gerade der richtige Begriff für diese Markierungen. Denn Menetekel bedeutet so viel wie unheilverkündende Warnung. Die vom 1945 geborenen Feldkircher festgehaltenen Zeichen hingegen sind eher ironische Kommentare zur Zeit, lakonische Bemerkungen, Fußnoten zu aktuellen gesellschaftlichen Situationen, oder einfach nur Bekundungen aus Liebe, Hass oder Ähnlichem. Aber sehenswert sind die Fotografien allemal. Wenn man etwa „Kopf hoch“ über einem sehr niedrigen Hausdurchgang in Feldkirch (2010) liest, oder „Zuvielisation“ auf einem Gemäuer in Basel (1986), oder die Anbetung „Oh Wand“ in Hohenems (1983), wer würde da nicht automatisch zum Schmunzeln verleitet? Walter ist sich auch nicht für Selbstironie zu schade. Wenn es etwa auf einer Wand in Lörrach heißt: „Klaus, deine Liebe ist wie ein Messer im Herz!“ - dann darf man dies wohl durchaus auch selbstreferentiell werten, wenn man nämlich weiß, dass der bürgerliche Vorname von Nikolaus Walter eben Klaus lautet.


Nikolaus Walter: "Menetekel – Wandzeichen“
Alte Frächterei Burtscher, Thüringerberg
Bis 11.9.2016 
Mi-So 15-19
Führung mit Nikolaus Walter: 25.8., 16.00