Aktuell in den Filmclubs (9.8. – 15.8. 2024)
Beim TaSKino Feldkirch brilliert diese Woche Ella Rumpf als hochbegabte Mathematikerin in "Die Gleichung ihres Lebens - Le théorème de Marguerite". Beim Open-Air auf dem Rankweiler Marktplatz kann man dagegen nochmals Josef Haders tragikomische Provinzstudie "Andrea lässt sich scheiden" sehen.
Die Gleichung ihres Lebens – Le théorème de Marguerite: Eine hochbegabte Mathematikerin (Ella Rumpf) will nach einem wissenschaftlichen Fehler von einem Tag auf den anderen ihr Leben komplett umstellen.
Anna Novion meistert sicher die Wechsel zwischen Drama, komödiantischen und romantischen Momenten, erzählt bruchlos und rund, allerdings auch sehr stromlinienförmig und glatt. Ihr größter Trumpf ist neben dem soliden Drehbuch, das Novion zusammen mit Agnès Feuvre, Marie-Stéphane Imbert und Mathieu Robin schrieb, ihre Hauptdarstellerin Ella Rumpf. Ganz aus ihrer Perspektive wird diese Geschichte eines tiefen Sturzes und einer langsamen Wiedergeburt erzählt.
Großartig versteht es Rumpf den Wandel Marguerites von der verschlossenen Mathematikerin zur zunehmend weltoffenen jungen Frau zu vermitteln. Dass dabei die emotionale Instabilität auch später nochmals durchbricht, sorgt einerseits für eine Wendung in der Handlung, zeigt andererseits aber auch, wie schwierig diese Entwicklung ist. Gleichzeitig zeigt Novion aber auch, wie erst durch diese Öffnung und Lockerheit ein neuer Zugang zur alten Obsession gewonnen werden kann, und wie dadurch und durch die neue Fähigkeit zum Teamwork auch knifflige Probleme gelöst werden können.
Auch wenn dabei immer wieder Tafeln und Wände mit mathematischen Formeln voll gekritzelt werden, bleibt "Die Gleichung ihres Lebens" auch ohne Fachkenntnisse spannend. Denn letztlich geht es nicht um die Wissenschaft, sondern um das persönliche Schicksal, dem man trotz solider, aber wenig aufregender Inszenierung vor allem dank Rumpfs Spiel bis zum Ende interessiert folgt.
TaSKino Feldkirch im Kino GUK: So 11.8. bis Do 15.8.
Andrea lässt sich scheiden: Nachdem Josef Haders erste Regiearbeit "Wilde Maus" in der Großstadt Wien spielte, wählte der Kabarettist, Schauspieler und Regisseur für "Andrea lässt sich scheiden" das ländliche Niederösterreich als Schauplatz. Doch auch die Erzählweise unterscheidet sich. Denn sprühte Haders Regiedebüt vor Witz und zeichnete sich durch hohes Tempo aus, so ist hier das Tempo – passend zur Provinz – deutlich langsamer und auch der Witz ist sehr zurückgenommen und ungleich trockener.
Im Mittelpunkt steht die Polizistin Andrea (Birgit Minichmayr), die nicht nur im Begriff ist, sich von ihrem Mann (Thomas Stipsits) scheiden zu lassen, sondern auch um Versetzung aus der monotonen niederösterreichischen Provinz in die Landeshauptstadt St. Pölten angesucht hat. Doch dann überfährt sie eines Nachts auf dunkler Landstraße ihren Noch-Ehemann und begeht Fahrerflucht. Die Verantwortung dafür übernimmt aber ein Religionslehrer (Josef Hader), der kurz nach Andrea den schon Toten nochmals überfahren hat. Doch die Tat lässt die Polizistin nicht los.
In langen ruhigen Einstellungen erzählt Hader so die Geschichte einer Frau, die von einem Neuanfang träumt, aber langsam erkennt, dass sie ihrer Tat nicht entkommen kann und Verantwortung übernehmen muss. Genau fangen der Regisseur und sein Kameramann Carsten Thiele das ländliche Milieu ein und hauchen ihm durch markante Typen Leben ein. Große Dramatisierung ist nicht nötig, denn allein durch den genauen Blick, bis in die Nebenrollen perfekt ausgewählte Schauspieler:innen, eine lakonische Erzählweise und ebenso knappe wie trockene Dialoge ergibt sich eine atmosphärisch dichte, tragikomische Provinzstudie.
Marktplatz Rankweil (Open Air "Filme unter Sternen"): Mi 14.8., ca. 21 Uhr
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