L-E-V Dance Company mit „Into the Hairy“ beim Bregenzer Frühling (Foto: Katerina Jezz/L-E-V Dance/Bregenzer Frühling)
Walter Gasperi · 08. Jun 2023 · Film

Aktuell in den Filmclubs (9.6. – 15.6. 2023)

Das Heerbrugger Kinotheater Madlen zeigt diese Woche mit „Le bleu du caftan – Das Blau des Kaftans“ einen fein gesponnenen und bildschönen tunesischen Film über lange unterdrückte Gefühle. In der LeinwandLounge in der Remise Bludenz kann man dagegen in „Umami – Der Geschmack der kleinen Dinge“ Gérard Depardieu als französischen Starkoch auf einer Reise nach Japan begleiten.

Le bleu du caftan – Das Blau des Kaftans: Seit vielen Jahren ist der Kaftan-Schneider Halim (Saleh Bakri) mit Mina (Lubna Azabal) verheiratet. Ihre tiefe Liebe und Harmonie sind spürbar, doch körperlichen Kontakt gibt es kaum, denn Halim ist, wie auch Mina weiß, homosexuell. Nur heimlich kann er aber in Marokko, wo Homosexualität verboten ist und mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden kann, sein Verlangen in der Einzelkabine des Hamam ausleben. Bewegung kommt in die Ehe, als das Paar aufgrund einer Erkrankung Minas einen Lehrling einstellt. Reagiert sie zunächst eifersüchtig auf diesen Youssef (Ayoub Missioui), der das Begehren Halims weckt, so wird sie zunehmend sanfter, als sich ihr gesundheitlicher Zustand verschlechtert.
Sehr behutsam und mit größtem Feingefühl erzählt die Marokkanerin Maryam Touzani von dieser ungewöhnlichen Dreiecksbeziehung. Konzentriert auf ihre drei Protagonist:innen und die in der Altstadt der Küstenstadt Salé gelegene Schneiderei und Wohnung des Paars entwickelt sie ein leises, aber dichtes Drama über gesellschaftliche Zwänge, unterdrückte Gefühle und langsame Öffnung. Große Sinnlichkeit entwickelt der von einem herausragenden Schauspieler:innen-Trio getragene Film dabei durch die Kameraarbeit von Virginie Surdej. Sie vermittelt durch den geduldigen Blick die Schönheit der Stoffe, Stickereien und Goldfäden ebenso intensiv wie die Sehnsüchte und das Begehren, das Berührungen oder ein nackter Oberkörper auslösen können. 
Kinotheater Madlen, Heerbrugg: Mo 12.6., 20.15 Uhr

 

Umami – Der Geschmack der kleinen Dinge: Wenn es in Filmen ums Kochen geht, dann steht das Essen meist auch für Lebensfreude und Lebensglück. Nicht anders ist es in Slony Sows zweitem langem Kinofilm. Denn mag Gabriel Carvin (Gérard Depardieu) auch ein noch so erfolgreicher Starkoch sein, der soeben wieder ausgezeichnet wurde, so läuft doch sein Leben alles andere als rund.
Immer hat er seine Arbeit über die Familie gestellt, jetzt bekommt er die Rechnung präsentiert: Seine Gattin (Sandrine Bonnaire) hat eine Affäre mit dem Restaurantkritiker, der ihn gerade ausgezeichnet hat, seinen Sohn macht er immer wieder nieder, weil er seiner Meinung nach nicht kochen kann. Auch bei der Arbeit ist er missmutig, bis er einen Herzinfarkt erleidet. Klar ist für ihn, dass sich nach seiner Rekonvaleszenz etwas ändern muss und auf Rat seines Freundes (Pierre Richard) bricht er nach Japan auf, um einen Kollegen zu besuchen, der ihn vor mehr als 40 Jahren bei einem Kochwettbewerb besiegt hat.
Mit seiner Körperfülle und seiner bekannten Vorliebe für gutes Essen und Wein ist diese Rolle Gérard Depardieu auf den Leib geschrieben. Nicht viel spielen muss er hier, allein mit seiner Präsenz dominiert er den Film, blass bleiben daneben die Nebenfiguren.
In gewohnter Manier wird die Reise ins fremde Land dabei zu einer Reise zu sich selbst. Die neben süß, sauer, salzig und bitter geheimnisvolle Geschmacksrichtung Umami wird dabei zum Symbol für die richtige Würze des Lebens, die Ausgewogenheit und das Glück. 
Alles andere als neu ist diese Geschichte einer inneren Befreiung und Sow verzettelt sich auch in Nebenhandlungen, aber Depardieu bei der Wandlung dieses Kochs zuzusehen, kann dennoch Vergnügen bereiten.
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 14.6., 19 Uhr


Weitere Filmkritiken, Streamingtipps, DVD-Besprechungen und Regisseur-Porträts finden Sie auf meiner Website https://www.film-netz.com.