Aktuell in den Filmclubs (16.5. – 22.5.2025)
In der Kinothek Lustenau entführt diese Woche (und im FKC Dornbirn Mitte Juni) der Dokumentarfilm „Agent of Happiness“ in den Himalaya-Staat Bhutan. Beim TaSKino Feldkirch und im FKC Dornbirn reflektiert dagegen Dag Johan Haugerud in „Oslo Stories: Liebe“ über die Liebe zwischen Menschen in festen Beziehungen und bei flüchtigen Begegnungen.
Agent of Happiness: Im World Happiness Report ist Bhutan zwar nicht vertreten, doch der Himalaya-Staat ist weltweit das einzige Land, das jährlich das Bruttonationalglück errechnet und dieses 2008 auch in der Verfassung verankert hat. Arun Bhattarai und Dorottya Zurbó begleiten in ihrem Dokumentarfilm zwei Glücksagenten, die im Auftrag der Regierung durchs Land reisen, um Menschen nach ihrem Glücksempfinden zu befragen. Ökonomische Aspekte werden dabei ebenso berücksichtigt, wie soziale, psychische und spirituelle und möglichst unterschiedliche gesellschaftliche Schichten sollen befragt werden, denn das Ergebnis der Umfrage hat Auswirkungen auf das Handeln der Regierung.
Wird zunächst das Bild einer heilen Welt vermittelt, so werden sukzessive Risse sichtbar. Denn da mag sich ein Mann mit seinen drei Frauen zwar als völlig glücklich bezeichnen, doch wenn die Frauen unter sich sind, klagen sie über die Wutausbrüche dieses Patriarchen. Ein anderer Mann kommt dagegen über den Tod seiner Frau nicht hinweg und eine 17-Jährige belastet die schwere Alkoholsucht ihrer Mutter. Zunehmend rückt aber auch einer der Glücksagenten ins Zentrum, der sich nach einer Partnerin sehnt, sich aber als Bhutaner zweiter Klasse fühlt, da seine Versuche die Staatsbürgerschaft zu erhalten, bislang erfolglos blieben.
Diese ernsten Akzente verhindern ein Abgleiten in eine realitätsferne Feier des Glücks und verleihen dem unaufgeregten und von großartigen Landschaftsaufnahmen durchzogenen Dokumentarfilm eine Erdgebundenheit, durch die diese ebenso warmherzige wie humorvolle Glückssuche erst Überzeugungskraft gewinnt.
Kinothek „Extra“ in der Kinothek Lustenau: Mo 19.5., 18 Uhr + Mi 28.5., 20 Uhr (dzongkha O.m.U.)
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 11.6., 18 Uhr + Do 12.6., 19.30 Uhr (dzongkha O.m.U.)
Oslo Stories: Liebe: Dag Johan Haugerud spürt im zweiten Teil seiner „Oslo Trilogie“ anhand einer Ärztin, die sich fragt, ob sie eine feste Beziehung mit einem geschiedenen Geologen eingehen soll, und einem Krankenpfleger, der per App flüchtige Begegnungen mit Männern sucht, dem Verhältnis von individuellen Sehnsüchten und gesellschaftlichen Normen ebenso wie dem Verhältnis von Liebe und Sexualität nach.
Haugerud erzählt in langen, weitgehend statischen Einstellungen, in denen er seinen Charakteren viel Raum und Zeit gibt, um über das Verhältnis von Liebe und Sexualität, aber auch über Beziehungen jenseits der gesellschaftlichen Norm zu diskutieren. Nie wird so ein großes Drama aufgebaut, sondern die Erzählweise bleibt immer unaufgeregt.
Leichthändig verknüpft der 60-jährige Norweger dabei nicht nur durch Parallelmontage die Geschichten der beiden Protagonist:innen, sondern baut mit ihren Begegnungen auch ein breites Netz auf, das immer wieder neue Fragen aufwirft. Da geht es mit Prostata-Operationen im Krankenhaus ebenso um deren Auswirkungen auf die Sexualität und Psyche wie um die Frage der Rolle der Ärztin im Leben des Geologen, für den seine beiden Töchter das Wichtigste im Leben sind.
Aber auch die Frage nach der Beständigkeit einer Ehe und den Auswirkungen einer Scheidung werden mit der alkoholsüchtigen Ex-Frau des Geologen aufgeworfen. Dazu kommt mit der wachsenden Liebe des Krankenpflegers zu Björn die Frage von Grenzziehung
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