Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Walter Gasperi · 14. Mär 2024 · Film

Aktuell in den Filmclubs (15.3. – 21.3.2024)

Das TaSKino Feldkirch zeigt diese Woche mit „Olfas Töchter – Les filles d'Olfa“ einen ungewöhnlichen Mix aus Dokumentar- und Spielfilm, der Folgen der Gewaltübertragung in einer patriarchalen Gesellschaft aufzeigt. Ein packender, agitatorischer Thriller, der nicht nur von Aktivismus im Kampf gegen den Klimawandel erzählt, sondern auch dazu aufruft, steht dagegen am Spielboden Dornbirn mit „How to Blow Up a Pipeline“ auf dem Programm.

Olfas Töchter – Les filles d'Olfa: In einer Mischung von dokumentarischen und inszenierten Szenen zeichnet die Tunesierin Kaouther Ben Hania die Geschichte Olfa Hamrounis und ihrer vier Töchter nach. Die 47-jährige Regisseurin spannt den Bogen dabei von Olfas erster Ehe in den 1990er Jahren über die Geburt der vier Töchter zwischen 1998 und 2005, Scheidung und ein kurzes Glück mit einem neuen Geliebten bis zur Gegenwart. Die private Geschichte wird dabei durch Archivmaterial von der Tunesischen Revolution 2011 über Proteste gegen die Liberalisierung 2013 bis zum wachsenden IS-Terrorismus in einen gesellschaftlich-politischen Kontext eingebettet.
Einerseits spielen Olfa und deren zwei jüngere Töchter sich dabei selbst, andererseits wird Olfa in besonders belastenden Szenen von der tunesischen Schauspielerin Hend Sabri gespielt und auch die beiden abwesenden älteren Töchter werden von zwei Schauspielerinnen verkörpert. Immer wieder wird aber auch der Vorgang des Filmens transparent gemacht, wenn die Charaktere beispielsweise die Regisseurin direkt ansprechen und vielfach weniger miteinander als vielmehr direkt in die Kamera sprechen und so die vierte Wand durchbrechen. 
So bedrückend dabei auch die zentrale Geschichte vom Verschwinden der beiden älteren Töchter, die sich dem IS anschlossen, ist, so gibt es doch auch immer wieder humorvolle Momente. Unbekümmert und mit Witz sprechen so die Schwestern über ihre Adoleszenz und auch der Plan einer Schwester, sich für eine Nacht lebendig begraben zu lassen, sorgt für Komik.
Auch die nächste Generation bringt Ben Hania schließlich ins Spiel, wenn sie ihren Film mit dem Blick der etwa fünfjährigen Tochter von Olfas ältester Tochter enden lässt: Unweigerlich wirft dieses Schlussbild die Frage auf, wie sich die frühkindlichen Erfahrungen dieses Mädchens auf seine weitere Entwicklung auswirken werden und ob sich der Kreislauf der Gewaltübertragung wiederum fortsetzen wird. 
TaSKino Feldkirch im Kino GUK: Mo 18.3., 18 Uhr; Do 21.3., 18 Uhr; Fr 22.3., tba

How to Blow Up a Pipeline: Eine Gruppe junger Klimaaktivist:innen beschließt, nicht mehr nur zu debattieren und zu demonstrieren, sondern mit der Sprengung einer texanischen Pipeline einerseits die Ölindustrie in Angst zu versetzen, andererseits die Bevölkerung aufzurütteln.
Etwas holzschnittartig bleiben zwar angesichts der doch beachtlichen Zahl von acht Protagonist:innen die Figurenzeichnung sowie die Skizzierung ihres persönlichen Backgrounds. Ein breites Spektrum zu bieten ist Regisseur Daniel Goldhaber sichtlich wichtiger als differenzierte Schilderung, doch dank der dichten Erzählweise hält er die Spannung durchgängig hoch. 
Zu verdanken ist das auch den unverbrauchten, jungen Schauspieler:innen, die ebenso für Realismus sorgen, wie die ungeschönt schmutzigen Bilder des auf körnigem 16mm-Film gedrehten Thrillers (Kamera: Tehilla de Castro). Weil konsequent aus der Perspektive der Aktivist:innen erzählt wird, ist auch immer klar, auf welcher Seite dieser wütende Film steht.
So folgt man gespannt den Vorbereitungen und der Ausführung des Anschlags und auch eine überraschende Schlusswendung fehlt nicht, mit der der Aktion nicht nur Nachdruck verliehen wird, sondern die schließlich auch Nachahmer zu weiteren Anschlägen auf Besitztümer der Oberschicht anregt. Gleichzeitig sollen freilich auch die Zuschauer:innen dieses entschieden agitatorischen Films nicht nur aufgerüttelt, sondern auch motiviert werden, aktiv zu werden. Diesen Aufruf zu Sabotageakten kann man problematisch finden, doch andererseits muss man einen Film, der zu aktuellen Problemen entschieden Position bezieht und zum Nachdenken anregt auf jeden Fall begrüßen.
Spielboden Dornbirn: Do 21.3., 19.30 Uhr

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