Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Michael Löbl · 19. Mär 2023 · Musik

Abonnement-Auftakt des Concerto Stella Matutina

Der Abonnement-Zyklus des Concerto Stella Matutina in der Kulturbühne AMBACH in Götzis ist ein Phänomen. Seit seiner Gründung im Jahr 2005 verzeichnet die Reihe von Jahr zu Jahr steigende Abonnenten- und Zuschauerzahlen – und das, obwohl man ein Abo eines Barockorchesters ja nicht unbedingt als Mainstream bezeichnen würde und die sehr speziellen Programme auch nicht immer den allgemeinen Publikumsgeschmack bedienen. Hinter diesem Phänomen steckt eine Person, nämlich Bernhard Lampert.

Der Gründer, Chef und Mastermind des Ensembles sprudelt vor Ideen und weiß für jedes Problem eine schnelle Lösung. In der Corona-Zeit wurden alle auch noch so sinnlosen Bestimmungen ohne mit der Wimper zu zucken umgesetzt, Programme wurden teilweise fünfmal gespielt, um alle Abonnenten mit den jeweils geltenden Abstandsregeln unter einen Hut zu bringen. In zwei Jahren feiert das Orchester sein 20-jähriges Bestehen und laut Auskunft von Bernhard Lampert wurde in all den Jahren noch nie ein Werk wiederholt, sogar das bekannte Brandenburgische Konzert Nr. 5 von J.S. Bach stand 2022 zum ersten Mal auf dem Programm. Während sich andere Kulturveranstalter gerade langsam von den Corona-Schäden erholen, verzeichnet das Concerto Stella Matutina bereits wieder einen neuen Abonnenten-Rekord. Da es für Abos eine Warteliste und kaum noch Karten im freien Verkauf gab, hat man seit 2022 einen zweiten Termin eingeführt, der sich zunehmend füllt. Auf Wunsch des Publikums wurde die Beginnzeit nun um eine halbe Stunde auf 19.30 Uhr vorverlegt, was bei Doppelveranstaltungen in der Kulturbühne die Einlass- und Pausensituation angenehm entschärft.

Im Mittelpunkt: Acht Pauken

Der Saisonauftakt am Freitagabend unter dem Titel „Heut' hau'n wir auf die Pauke“ begann dann auch standesgemäß mit Pauken und Trompeten und einer barock-festlichen Sinfonia von Johann Christian Hertel, dem Vater des bekannteren Komponisten Johann Wilhelm Hertel. Eine perfekt gewählte Ouvertüre, die auch Gelegenheit bot, um schon mal einen Blick auf den Solisten und sein Instrumentarium zu werfen. Das Concerto Stella Matutina spielte den ersten Konzertteil ohne Dirigenten, in der Mitte der Bühne waren acht Pauken als Vorboten der nächsten beiden Stücke aufgebaut. Ein Markenzeichen der Stella-Matutina-Konzerte sind neben der außergewöhnlichen Programmgestaltung auch die humorvollen Moderationen und Bühneninterviews des Solocellisten und Dirigenten Thomas Platzgummer. Sie bildeten die Überleitung zum ersten Solostück, einem „Marche de Timballes“ des Franzosen André Danican Philidor. Im Stil eines Schlagzeugsolos einer Rockband demonstrierte der Solist sein Instrumentarium und wurde dabei dem Titel des Konzertes mehr als gerecht. Im Mittelpunkt des Abends stand nämlich der Tiroler Schlagzeuger Charlie Fischer. Dieser Ausnahmemusiker tanzt permanent auf mehreren Hochzeiten, spielt sowohl alte Pauken als auch Drumset, sehr gerne auch Zeitgenössisches und Jazz. Neben seiner Orchestertätigkeit – meist auf historischen Instrumenten – beim Freiburger Barockorchester, dem Concentus Musicus Wien, der Camerata Salzburg oder der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen kann man ihn darüber hinaus mit der Tiroler Crossover-Formation „Die Knödel“ erleben. Als stolzer Besitzer von acht funktionsfähigen Barockpauken ist er vermutlich der einzige, der die „Symphonie mit acht obligaten Pauken“ von Johann Carl Fischer (Verwandtschaft zum Solisten ist keine bekannt) auf originalem historischen Instrumentarium aufführen kann. Das Stück funktioniert keineswegs nur als Kuriosum, um die acht Pauken zu demonstrieren, es ist gut komponiert, sehr unterhaltsam und natürlich schon durch die Besetzung überaus originell. Bereits die Anordnung der acht Pauken rund um den Solisten stellt eine logistische Meisterleistung dar, die Kadenz des ersten Satzes oder die schnellen Tonleitern im Finale waren wirklich absolut beeindruckend und bleiben im Gedächtnis.

Rundum gelungener Abo-Auftakt

Nach der Pause, in der man im Foyer der Kulturbühne AMBACH auf das Who is Who der regionalen Schlagzeugszene treffen konnte, wechselte Thomas Platzgummer vom Cello ans Dirigentenpult. Auf dem Programm des zweiten Konzertteils stand die vorletzte Symphonie Nr. 103 „Mit dem Paukenwirbel“ von Joseph Haydn. Hier konnten die Zuhörer den typischen Stella Matutina Stil genießen. Alle Musiker:innen spielten mit großer Freude und viel Engagement, Thomas Platzgummer forderte teilweise extreme Dynamik und eine sehr akzentuierte, fast schon schroffe Spielweise. Langweilig ist es nie, das Publikum wird – um ein Modewort zu gebrauchen – „mitgenommen“, und das ist vermutlich ein Geheimnis des Erfolges dieses Ensembles, das mittlerweile zum Großteil mit Musiker:innen aus Vorarlberg besetzt ist. Was noch zu jedem Abend dazugehört, sind die ganz kleinen Unzulänglichkeiten, durch die sich das Orchester aber durchaus positiv vom allgemeinen Perfektionsdrang absetzt. Das betrifft manchmal die Intonation, das Zusammenspiel aber auch die Applausordnung oder die Konzertkleidung einzelner Musiker:innen. Richtig ärgerlich war der riesige, hässliche Mikrofonständer des ORF, der von jedem Platz des Saales immer im Blickfeld war und die Sicht auf die Bühne stark beeinträchtigte. Da muss es eine andere, optisch ansprechendere Lösung geben. Wie immer spendete das Publikum viel Applaus, zwei Zugaben beschlossen diesen überaus gelungenen Abo-Auftakt des Concerto Stella Matutina.

www.stellamatutina.at