Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Dagmar Ullmann-Bautz · 01. Mai 2016 · Theater

Sorgte für Irritationen - „Demetrius“ und „Zeit der Wirren“ am Vorarlberger Landestheaters

Einen zweigeteilten Abend präsentierte das Vorarlberger Landestheater letzten Freitag – zwei Premieren, davon eine Uraufführung. Der Abend begann mit dem Dramenfragment „Demetrius“ von Friedrich Schiller und setzte mit dem Auftragswerk „Zeit der Wirren“ von David Frühauf fort. Die Dramaturgin Dorothée Bauerle-Willert hatte die Idee, das recht selten gespielte Schiller-Stück mit einem Werk eines jungen Autors zu verbinden.

Friedrich Schiller verstarb während er an „Demetrius“ arbeitete und so blieb es ein Fragment ohne Auflösung, aber dennoch mit einem fulminanten Ende. Das Stück, in dem es um Intrigen und Macht geht, erzählt von Demetrius, dem man glauben macht, er sei der rechtmäßige Nachfolger des letzten russischen Zaren. Aufgestachelt und angetrieben durch Hintermänner sowie eine Drahtzieherin schafft er es, den polnischen Reichstag dazu zu überreden in Russland einzumarschieren. Mit diesem Gewaltakt des Kriegsbeginns endet das Stück und hinterlässt in Bregenz ein recht ratloses, irritiertes Publikum.

Schwer nachvollziehbar


Der jungen Regisseur Steffen Jäger lässt die Schauspieler schwerfällig über einen mit Erde / Mulch bedeckten Boden stapfen, beflügelt sie jedoch gleichzeitig mit leichten E-Gitarren-Tönen, eine höchst absurde, aber auch interessante Mischung. Demetrius (Daniel Wagner) selbst, in eine glänzende Rüstung gesteckt, wirkt träge und unbeweglich, und leider auch sprachlich etwas ungeschliffen. Es ist daher schwer nachzuvollziehen, wie viel er mit seinem Auftritt im Reichstag erreicht, oder ist dies etwa nur der Glanz der Rüstung geschuldet, der die Menschen blendet.

Äußerst kluger und witziger Text


Im zweiten Teil, in David Frühaufs spannendem Stück, knistert es, es geht sprichwörtlich die Post ab und es macht richtig Spaß den Protagonisten, es sind dieselben Schauspieler wie im 1. Teil, beim Probleme wälzen zuzusehen und zuzuhören. Der Präsident ist verschwunden. Was tun? Ein Komitee trifft sich, um zu beraten, um in einer höchst aberwitzigen und absurden Sitzung Argumente auszutauschen. Frühauf hat einen großartigen Text geschrieben, eine Politsatire voller Verschränkungen, Anspielungen, höchst witziger Wortspiele. Hier können die Schauspielerinnen und Schauspieler richtig Fahrt aufnehmen. Helga Pedros als demente Mutter glänzt in einem wunderbaren Monolog, pointiert, die Sätze perfekt auf den Punkt, liebenswürdig, sodass man nicht müde wird, ihr zuzuhören. Als Leiter des Komitees fasziniert Daniel Frantisek Kamen als zutiefst bemitleidenswerte Figur. Tim Breyvogel überzeugt mit einem ausdrucksstarken und äußerst sprachgewandten Spiel in der Rolle eines von vier Komiteemitgliedern. Eugen Knecht, zurückhaltend, aber dennoch präsent, nutzt seltene Lücken, um sich in Szene zu setzten. Die beiden weiblichen Komiteemitglieder behaupten sich glaubwürdig und trotz Groteske äußerst souverän in dieser Männerwelt (großartig Zeynep Buyrac, bestechend Laura Mitzkus).

Spannende Filmsequenzen


Sabine Freude hat eine Bühne gebaut, die sich teilweise gar nicht und teilweise erst recht spät erschließt und die besonders im Schillertext in die Irre führt. Die Kostüme von Aleksandra Kica sind witzig und teilweise sehr genau auf die Geschichte der Figur entworfen. Gerhard Fischer hat beide Stücke sehr schön ins Licht gesetzt und die Videos und der Sound von Patrick K.-H. sind zwar recht anstrengend, aber absolut genial.

Tempo und Rhythmus


Über diesem riesigen Projekt hielt Regisseur Steffen Jäger seine regulierende Hand, hat besonders bei „Demetrius“ zu viel vorausgesetzt, vorausgesetzt, dass das Publikum mit einem gewissen Vorwissen in die Vorstellung kommt. „Zeit der Wirren“ hat Jäger mit Tempo und Rhythmus und herrlich humorvollen Regieeinfällen inszeniert.

Das Publikum spendete dem wirklich bemerkenswerten Ensemble, dem Leadingteam und dem jungen Autor viel Applaus.